Frankfurt Ausstellung
Géricault bis Toulouse-Lautrec. Französische Lithografien des 19. Jahrhunderts
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Ausstellung22.06.2017 - 10.09.2017
Nach Goya und Géricault ist Eugène Delacroix (1798–1863) die dritte bedeutende Künstlerpersönlichkeit auf dem Feld der frühen Lithografie. Um 1825 begann Delacroix in dieser Technik dynamisch und innovativ eigenständige Werke neben seiner Malerei zu schaffen. So beschäftigten ihn in seinen Lithografien beispielsweise die dämonischen Aspekte in Shakespeares Macbeth und Hamlet oder in Goethes Faust (in den 1820er-Jahren schuf er allein 17 lithografische Illustrationen zu diesem Theaterstück) sowie die Schönheit und Grausamkeit der wilden Tiere, wie in Lion de l’Atlas (Atlas-Löwe, 1829).
Eng verbunden mit der Erfindung der Lithografie war das Aufblühen von Reisebildern, von topografischen Illustrationen. Unter dem Einfluss englischer Vorbilder verbreitete sich das Genre ab 1820 in Frankreich. Ansichten sehenswürdiger Orte ließen sich nicht nur schnell und ökonomisch, sondern auch mit dem Anschein großer Authentizität bis hin zu nahezu fotografischen Wirkungen produzieren und erschienen beispielsweise in den eindrucksvollen Bänden der Voyages pittoresques et romantiques dans l’ancienne France (Pittoreske und romantische Reisen im alten Frankreich). In diesen sollten alle Natur- und Kulturdenkmäler Frankreichs veröffentlicht werden. An Reisebilder von Richard Parkes Bonington (1802–1828) oder Eugène Isabey (1803–1886/1887) schließt sich in der Ausstellung das Genre der Zeitungsillustrationen an, denn das neue Verfahren der Lithografie erlaubte es versierten Zeichnern, mit geringem Aufwand effektvolle und gut verkäufliche Grafiken auf den Markt zu bringen, vor allem auch in den Bereichen von Illustration und Karikatur. Deren prominentester und vielseitigster Vertreter im Frankreich des 19. Jahrhunderts war zweifelsohne Honoré Daumier (1808–1879). Ohne akademische Ausbildung gelangte Daumier über die Lithografie und das Aufkommen der illustrierten satirischen Zeitung zu seinem Beruf: Mehr als vier Jahrzehnte verdiente er sich seinen Lebensunterhalt mit Zeitungskarikaturen, zunächst politischer, später aufgrund einer strikteren Gesetzeslage stärker gesellschaftlich-sittlicher Natur. So umfasst sein Gesamtwerk die beeindruckende Zahl von etwa 4000 Lithografien, denen ein ebenso zeitgeschichtlicher Charakter wie hoher und bleibender künstlerischer Wert eigen ist. Édouard Manet (1832–1883) hat mit der Technik der Lithografie in nur wenigen Jahren in erstaunlicher und eigenwilliger Art gearbeitet und dabei ein Höchstmaß an formaler Freiheit erreicht. Dies wird unter anderem in den ausgestellten Werken Les courses (Pferderennen in Longchamp, 1872) oder seinem Bildnis Berthe Morisot (1872) deutlich.
Der dem Symbolismus zuzuordnende Odilon Redon (1840–1916) hat mit seinen insgesamt rund 200 Lithografien einen entscheidenden Schritt in der Entwicklung der Drucktechnik zur autonomen Künstlergrafik getan. Er arbeitete in seinen Werken in herausragender Weise die Schwärze, der er eine unverwechselbare, samtene Stofflichkeit verlieh, als besondere Stärke und Eigenheit der Lithografie heraus. Davon zeugt beispielsweise Pégase captif (Der gefesselte Pegasus, 1889).
Das Aufkommen der Farblithografie belebte Ende des 19. Jahrhunderts die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Medium neu: Zu einer erneuerten Wertschätzung der Künstlergrafik trug vor allem die Tatsache bei, dass es zu dieser Zeit in der sich schnell entwickelnden Pariser Großstadtgesellschaft ein immer breiteres Publikum mit kulturellen Interessen gab. Dieses begann auch mit bescheideneren Mitteln zu sammeln und wollte auf diese Weise an der zeitgenössischen Kunstproduktion teilhaben. Der Kunsthändler Ambroise Vollard (1865–1939) verstand es ausgezeichnet, sich auf die neue Klientel einzustellen und veranlasste in den 1890er-Jahren sowohl Paul Cézanne (1839–1906) als auch Auguste Renoir (1841–1919), mit der Farblithografie zu arbeiten. Zur gleichen Zeit beauftragte Vollard die noch jungen Künstler Pierre Bonnard (1867–1947) und Édouard Vuillard (1868–1940), Maurice Denis (1870–1943) und Ker Xavier Roussel (1867–1944), jeweils ein lithografisches Mappenwerk zu erstellen, mit dem Ziel, die Bekanntheit der Künstler zu steigern. Bonnard fertigte seine Mappe unter dem Titel Quelques aspects de la vie de Paris (1895–1899) an. In ihr schildert er ausschnitthaft und aus privater Sicht unspektakuläre, alltägliche Gegenden und Situationen, die den Charme und Humor des Vertrauten besitzen. Vuillards Zusammenstellung Paysages et intérieurs (1899) beweist dessen ausgeprägten Sinn für Oberflächenstrukturen, die jedoch nie materiell wirken und entscheidend zum Eindruck von Dichte und Konzentration beitragen. In der Ausstellung sind die komplette Folge der 13 Blätter Vuillards sowie Auszüge aus den Mappenwerken von Bonnard, Denis und Roussel zu sehen.
Den Abschluss der Präsentation bildet Henri de Toulouse-Lautrec (1864–1901), der insgesamt nicht weniger als 350 mehrfarbige und schwarzweiße Lithografien schuf. Die Lithografie trat bei ihm als künstlerisches Ausdrucksmittel gleichberechtigt neben die Malerei und begründete mehr noch als diese seine Bekanntheit zu Lebzeiten und seine Popularität bis heute. Dabei kümmerte sich Toulouse-Lautrec generell wenig um Unterschiede zwischen freier und angewandter Kunst: Seine lithografischen Werke entstanden für Plakate, Menükarten oder Theaterprogramme ebenso wie als autonome Auflagendrucke, die an ein wachsendes Liebhaberpublikum verkauft wurden.
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22.06.2017 - 10.09.2017
Öffnungszeiten: Di, Mi, Sa, So + Feiertage 10.00–18.00 Uhr, Do + Fr 10.00–21.00 Uhr, montags geschlossen
ERWACHSENE 14 €