Etruskische Kunst
Auktion 235, 16. Dezember 2015
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Auktion16.12.2015
Gorny & Mosch bietet in seiner kommenden Auktion 235, Kunst der Antike, das volle Spektrum antiken Kunstschaffens an. Bemerkenswert ist der hohe Anteil an etruskischer Kunst. Hier ergänzen sich mehrere Privatsammlungen auf das Beste.
Die Etrusker, sie scheinen uns bis heute ein wenig geheimnisvoll, weil sie anscheinend keinen Wert darauf legten, ihre Leistungen der Nachwelt in umfassenden Geschichtswerken zu überliefern. Stattdessen sprechen sie durch ihre Kunst zu uns. Und die kann mit dem Besten mithalten, was in Griechenland entstand. Ja, viele Themen der etruskischen Darstellungen stammen direkt aus dem griechischen Gedankengut. In zahllosen Bildern fühlen wir die etruskische Lebensfreude und bekommen den Eindruck, dass dieses Volk uns in seiner hedonistischen Weltauffassung sehr nahe ist. Wer über solche Fragen philosophieren will, hat dazu beste Gelegenheit, indem er den aktuellen Katalog durchblättert. Dort wird in Auktion 235 am 16. Dezember 2015 in München etruskische Kunst aus mehreren anspruchsvollen Sammlungen angeboten.
Ein gutes Beispiel dafür ist ein bereits mehrfach publizierter etruskischer Klappspiegel aus dem 3. Jh. v. Chr. Er zeigt eine lebensfrohe Dreiergruppe: In der Mitte versucht der nackte Dionysos, der sich in seiner Trunkenheit kaum mehr auf den Beinen halten kann, zu gehen. Er wird dabei gestützt von einem nackten Eros. Ihnen beiden voran schreitet eine die Kithara schlagende Mänade. Das wunderschöne Stück ist mit 11.000 € geschätzt.
Ein anderes Beispiel ist eine etruskische Statuette aus dem 2. Viertel des 5. Jh. v. Chr. Das 8 cm hohe Stück zeigt einen Knaben beim Schwung holen, um seinen Diskus möglichst weit zu schleudern. Ein Vergleichsstück wohl aus der gleichen Werkstatt steht heute in der Berliner Antikensammlung. Geschätzt ist dieses hochrangige Kleinkunstwerk von exzellentem Stil mit 35.000 €. Es stammt aus der Sammlung R.G. Dieser Sammler wurde von Dr. Leo Mildenberg beraten, der in weiten Kreisen nicht nur als Münzhändler bekannt ist, sondern auch wegen seiner bedeutenden Sammlung von antiken Tierdarstellungen. Inspiriert von Mildenberg kaufte der Sammler R.G. auch eine etruskische Kore, eine vollplastische Bronzestatuette von 9,4 cm Höhe, die zwischen 480 und 460 entstanden ist. Mag das Bildnis auf den ersten Blick archaisch wirken, weist es doch schon auf die kommende Zeit der griechischen Hochklassik voraus. Geschätzt ist das Objekt mit seiner herrlichen grünen Patina mit 4.500 €.
Mit lediglich 1.000 € ist ein Objekt geschätzt, das fast 20 Jahre lang als Leihgabe in der archäologischen Sammlung der Universität Zürich zu sehen war. Es handelt sich um die Protome einer jungen Frau mit verhülltem Haupt in Terrakotta. Das Stück entstand im 4. oder 3. Jahrhundert v. Chr. Es stammt aus einer schweizerischen Privatsammlung, aus der auch andere Terrakottastatuetten und weitere interessante Keramikobjekte angeboten werden, von denen ein großer Teil öffentlich ausgestellt worden ist.
In das Frauengemach einer jungen Etruskerin entführt uns eine Lekythos aus der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. Sie zeigt eine sitzende junge Frau mit Spiegel und Schale, die eine sie besuchende Frau empfängt. Geschätzt ist dieses Objekt aus einer bayerischen Privatsammlung mit 1.500 €. Übrigens sollten sich die Etruskerfreunde auch die Lots genauer ansehen. Dort wird viel Interessantes zu günstigen Preisen angeboten. Greifen wir ein einziges Los, Nr. 719, heraus. Unter dieser Nummer findet der Kenner drei frühetruskische Impasto-Gefäße aus dem 8. bis 7. Jahrhundert v. Chr., alle waren zwischen 1986 und 2001 als Leihgabe im Museum der Archäologischen Sammlung der Universität Zürich ausgestellt. Geschätzt sind alle drei Stücke zusammen mit lediglich 850 €.
Natürlich findet der Sammler neben den etruskischen Kunstwerken das volle Spektrum der antiken Kunst: Griechen, Römer, Byzantiner, Vorgeschichte und Ägypten, Steinskulptur, Bronzestatuetten, Geräte, Waffen, Keramik, Glas, Schmuck, Siegel und Gemmen und vieles mehr. Die Preise reichen vom unteren dreistelligen Bereich bis zu sechsstelligen Schätzungen.
Wir stellen abschließend einige weitere interessante Stücke vor: Man muss kein Vermögen besitzen, um eine spannende Sammlung anzulegen. Dies beweist eine bayerische Privatsammlung von Ziegelfragmenten mit Legionsstempeln. Das wohl interessanteste Stück ist mit 800 € geschätzt. Es nennt nicht nur die Legio II Italica, sondern auch den Dux Pannoniae, Ursicinus, der von Kaiser Valentinian (364–375) mit Ausbesserungsarbeiten am Donaulimes betraut wurde. Mit 25.000 € ein wenig teurer ist eine apulische Lekane, deren Malerei von Archäologen dem Unterwelt-Maler zugeschrieben wird. Das prachtvolle Stück mit seinen hervorragend erhaltenen Farben zeigt die Entführung der Persephone durch Hades. Der dreiköpfige Kerberos leitet das Gespann in die Unterwelt. Über dem Gespann schwebt Eros und Hesperos, der Abendstern. Sie deuten an, dass jede junge Frau im abendlichen Umzug vom heimatlichen Haus ins Heim ihres Bräutigams das Schicksal der Persephone miterlebte. Auch Persephone wurde ja durch ihre Entführung zur Gemahlin des Hades, was der gemeinsame Nimbus zeigt, der auf dieser Schale die Köpfe von Entführer und Entführter vereint. Normalerweise wurden Schalen mit ähnlicher Darstellung im Hochzeitsritual für die Brautwaschung benutzt. Diese Schale dürfte allerdings einem jungen Mädchen ins Grab mitgegeben worden sein, vielleicht um den Wunsch auszudrücken, sie möge ihre Hochzeit im Jenseits nachholen.
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