Bauhaus
Karola Bloch: Architektin von Bauhaus-Baukultur
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Presse20.07.2011
Mössingen, 19.07.2011 - Nach mehr als zweijähriger Recherche- und Redaktionsarbeit hat ein Team von Mitgliedern der Ernst-Bloch-Gesellschaft und Freunden der Blochschen Philosophie ein außergewöhnliches Werk vorgelegt. Auf fast 400 Seiten haben ein Dutzend Autorinnen und Autoren eine Sammlung von Aufsätzen und Editionen von verschollenen Texten zusammengestellt: Das Buch trägt den Titel „Karola Bloch – Architektin, Sozialistin, Freundin“.
Karola Bloch neu zu lesen, heißt, eine widerständige Frau mit all ihren biografischen Brüchen neu zu entdecken. Es geht um Kontinuität und Bruch, um Autonomie und Selbstständigkeit, Freundschaft und Solidarität. Den Herausgebenden ist es gelungen, zahlreiche Dokumente aufzufinden, um bisher Unveröffentlichtes oder Verschollenes wieder zugänglich zu machen. Überraschende Briefe, Porträts und Schriften stehen am Ende einer längeren Recherche.
In der deutschen Medienöffentlichkeit wurde Karola Bloch zumeist auf ihre Rolle als Frau des Philosophen Ernst Bloch reduziert. Wer aber solche Vorurteile beiseite lässt und sich auf den Weg macht, das turbulente Leben einer selbstbewussten Frau zu erkunden, findet vor allem eine höchst politisch handelnde, stets eigenständig denkende und beruflich standfeste Persönlichkeit mit ungewöhnlicher Weite. In diese starke Frau hatte sich einstens der Autor von „Geist der Utopie“ verliebt. Die Stärke war es, die ihn anzog.
Woher aber kam diese ,Karola'? Woher nahm sie ihr Wissen, ihre Kraft, ihre Kompetenz? Welches eigene Profil öffnet sich hinter dem Namen Karola Bloch? – Der vorliegende Band „Karola Bloch – Architektin, Sozialistin, Freundin“ will auf diese Fragen Antworten geben. Dabei wenden sich die Autorinnen und Autoren vor allem Karola Blochs lernender Jugend zu, ihrem starken Drang nach einem Beruf, ihrem politischen Denken und dem Trauma des Verlustes ihrer Familie, die fast vollständig im KZ ermordet wurde.
Der Band enthält mehrere Texte Karola Blochs, die sie als Architektin verfasst hatte und die seit mehr als fünfzig Jahren nicht mehr erhältlich waren. Erstmals werden die Briefkorrespondenzen Karola Blochs mit den Künstlern Carlfriedrich Claus und Ludwig Meidner beschrieben und zitiert. Zum ersten Mal werden Porträtzeichnungen Ludwig Meidners sichtbar, die er 1924 und 1960 von der engagierten Polin anfertigte. Nach intensiver Suche ist es gelungen, die elterlichen Wohnorte von „KB“ aufzufinden. Auch gibt der Band Einblick in die Briefe ihrer Eltern und ihres Bruders aus dem Warschauer Ghetto kurz vor deren Ermordung. Erstmals werden die wichtigsten Auszüge der Ghetto-Briefe öffentlich. Erinnert wird an Andziula Tagelicht, der Tänzerin gegen die Verzweiflung im Warschauer Ghetto.
Mehrere Autorinnen und Autoren ermöglichen mit ihren Beiträgen eine Zu- und Einordnung der Biografie Karola Blochs in das jeweilige damalige Zeitgeschehen. Die Prozesse der Emanzipation dieser hervorzuhebenden Gegnerin des Nationalsozialismus werden in den Facetten Architektur, Kunst, Sozialismus und Emigration erkennbar. Bislang unbekannte Äußerungen und Briefe skizzieren eine hellwache Kämpferin für Humanität und menschliche Solidarität.
Dreißig Berufsjahre wirkte die Architektin und Bauhaus-Schülerin Karola Bloch in Wien, Paris, Prag, New York, Leipzig. Karola Bloch (1905-1994) war Schülerin von Hans Poelzig und Bruno Taut. Sie arbeitete bei Auguste Perret und wirkte in dem größten Architekturunternehmen der USA. Die Architektin war mit dem Bauhaus-Meister Xanti Schawinsky und Hannes Meyer, dem Direktor des Bauhauses Dessau freundschaftlich verbunden. Von 1949 bis 1956 war sie in der DDR tätig, bevor ihr dort die SED das Arbeiten verbot.
Wer heute als junger Mensch auf die Lebensgeschichte der Architektin, Widerstandskämpferin und Sozialistin Karola Bloch stößt, entdeckt insbesondere eine Frau mit Mut und Zivilcourage, die es wie kaum jemand anderes erlernt hatte, nach einem Stolpern, nach einem Sturz wieder aufzustehen, sich wieder aufzurichten und vorwärts zu gehen. Diese Haltung im aufrechten Gehen strahlte und strahlt Ermutigung aus. Ein Vorbild wollte sie nie sein. Aber das Feuer der Emanzipation in den Herzen von Frauen und Männern zu entzünden, das machte ihr Freude.
Der vorliegende Band ist Teil einer umfangreichen Editionsarbeit. Nach dem Tod Karola Blochs erschien zunächst ihre vergriffene Autobiografie. Als erster Nachlassband kamen die „Briefe durch die Mauer“, ein Briefwechsel zwischen Ernst & Karola Bloch (Tübingen) und Jürgen & Johanna Teller (Leipzig) heraus. Diesem folgt nun „Karola Bloch – Architektin, Sozialistin, Freundin“. Für die spätere Edition bleiben Briefe an prominente Persönlichkeiten kritischer Politik, Tagebuchnotizen und verschollene Schriften. Die Herausgebenden dieses Bandes bereiten die nächsten Schritte vor.
Inhalt des Bandes:
Irene Scherer, Welf Schröter
Karola Bloch neu entdecken
Überraschende Dokumente und Eindrücke – Ein Vorwort
Irene Scherer
Karola Bloch im Prozess der historischen Emanzipation.
Kontinuität und Bruch im Leben einer eigenständigen Architektin
Jan Robert Bloch
Kann die Hoffnung lernen? – Thesen zu einer elementaren Frage
In Erinnerung an Karola Bloch
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