Joseph II. und die Erste Wiener Medizinische Schule
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Presse07.04.2020
Die Debatten rund um die Eröffnung des Allgemeinen Krankenhauses thematisieren teilweise sehr deutlich das involvierte staatliche Interesse. Ein Beispiel dafür ist Johann Peter Xaver Fauken, der eines der letztlich nicht verwirklichten Konzepte für das AKH verfasst und publiziert hat. Gleich zu Beginn seiner Schrift hält er fest: „Der Nutzen eines solchen Krankenhauses für den Staat ist allzu offenbar, als daß ein aufgeklärter Mensch selben auch nur in Zweifel ziehen könnte.“ Daran lässt sich eine Idee erkennen, die hegemonialen Status erreicht hat: Sie erscheint als selbstevident und bedarf keiner weiteren Begründung. Wer sie anzweifelt, riskiert den Ausschluss aus dem Diskurs der aufgeklärten Zeitgenossen.
Das heißt natürlich nicht, dass auf dem Weg zur Errichtung des Allgemeinen Krankenhauses nicht eine ganze Reihe von Streitfragen auftauchte. Trotz des selbstbewussten Einstiegs sah Fauken durchaus die Notwendigkeit, Argumente für die von ihm favorisierte zentralisierte Krankenhausversorgung vorzubringen. Er nannte in diesem Zusammenhang Kostenersparnisse bei der Verwaltung, eine erleichterte Verpflegung und Versorgung der Kranken, sowie als Vorteil für die medizinische Ausbildung und Forschung die Möglichkeit, unterschiedlichste Krankheitsbilder an einem Ort zu studieren.
Das Großarmenhaus (im Vordergrund die Alserstraße) vor dem Umbau zum Allgemeinen Krankenhaus, Darstellung 1695, Josephinum – Ethik, Sammlungen und Geschichte der Medizin, MedUni Wien Das Großarmenhaus (im Vordergrund die Alserstraße) vor dem Umbau zum Allgemeinen Krankenhaus, Darstellung 1695, Josephinum – Ethik, Sammlungen und Geschichte der Medizin, MedUni Wien Fauken erwähnte aber auch den gravierendsten Nachteil einer derartigen Konzentration von kranken Menschen, nämlich die Verbreitung übertragbarer Krankheiten – das gefürchtete Spitalfieber. Als abschreckendes Beispiel nannte er das Hôtel-Dieu in Paris, damals die größte derartige Einrichtung in Europa. Letztlich war das Wiener Allgemeine Krankenhaus in wesentlichen Punkten bewusst als Antwort auf die dortigen Verhältnisse konzipiert, die Joseph II. auf seiner Paris-Reise persönlich erlebt hatte. Diese Abgrenzung sieht man in der Unterbringung der Kranken im AKH – es wurde betont, dass jede Person ein eigenes Bett bekommen sollte – sowie in der Versorgung mit Nahrungsmitteln, die minuziös geregelt war, oder auch in der Zufuhr von Frischluft, die als wirksamstes Gegenmittel gegen die Verbreitung todbringender Dämpfe galt.
Behandlung statt nur Versorgung
Ein entscheidendes Element bei der Gründung des AKH war auch die Herauslösung der Krankenversorgung aus der Armenfürsorge, die erst den Weg zur Entwicklung eines Krankenhauses im heutigen Verständnis eröffnete. Die Trennung in unterschiedliche Stationen je nach Krankheiten, die Betonung der medizinischen Behandlung gegenüber der bloßen Versorgung sowie der Stellenwert der Ausbildung im Rahmen der medizinischen Klinik stellten weitere Neuerungen dar.
Der sog. Narrenturm im Alten Allgemeinen Krankenhaus, undatierte Federzeichnung, Wien Museum Der sog. Narrenturm im Alten Allgemeinen Krankenhaus, undatierte Federzeichnung, Wien Museum Bei den Planungen für das Allgemeine Krankenhaus setzte Joseph II. von Anfang an feste Grenzen: Ein völliger Neubau kam aus Kostengründen nicht infrage, daher sollte das bestehende Großarmenhaus entsprechend umgebaut und erweitert werden. Die baulichen Veränderungen bestanden vor allem in der Adaptierung der Innenräume, Veränderungen an den Fassaden sowie in zwei Neubauten, dem Garnisonsspital und dem „Narrenturm“.
Bei aller persönlichen Großzügigkeit, mit der Joseph das Projekt vorantrieb, war die Sparsamkeit vor allem bei der baulichen Umsetzung ein bestimmendes Prinzip; die Gründung des Allgemeinen Krankenhauses beruhte daher zumindest teilweise auf einer Zusammenfassung und Zentralisierung bestehender Einrichtungen; und dessen Etablierung in der Anlage des Großarmenhauses bedeutete auch eine Verdrängung der bisherigen Bewohnerinnen und Bewohner, was weitere Veränderungen in der institutionellen Struktur der Armenversorgung in Wien nach sich zog.
Herwig Czech, Studium der Geschichte an den Universitäten Graz, Wien, Paris VII und Duke (North Carolina). Assistent für Geschichte der Medizin an der MedUni Wien (Ethik, Sammlungen und Geschichte der Medizin – Josephinum); Ko-Projektleiter des von der Max-Planck-Gesellschaft finanzierten Forschungsprojekts „Hirnforschung an Instituten der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Kontext nationalsozialistischer Unrechtstaten“. Zahlreiche Publikationen zum Thema Biopolitik, Medizin und Nationalsozialismus, unter anderem über den Wiener Kinderarzt und Erstbeschreiber des Autismus Hans Asperger.
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