Wien Museum
Wiederentdeckung einer großen österreichisch-britischen Fotografin
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Ausstellung13.06.2013 - 08.09.2013
EDITH TUDOR-HART IM SCHATTEN DER DIKTATUREN
Eine Ausstellung in Kooperation mit den National Galleries of Scotland
Nach Barbara Pflaum, Elfriede Mejchar und Trude Fleischmann widmet das Wien Museum abermals einer großen österreichischen Fotografin eine Personale: Edith Tudor-Hart (1908–1973), die in der Fotogeschichte auch unter ihrem Mädchennamen Edith Suschitzky bekannt ist. Sie zählt zur Riege jener politisch engagierten Fotografinnen und Fotografen, die ab den 1920er-Jahren mit sozialkritischem Impetus den politischen Entwicklungen begegneten – sowohl in Österreich als auch im englischen Exil, wo sie zu einer bedeutenden Vertreterin der Arbeiterfotografe-Bewegung wurde. Die Ausstellung, die zuvor in Edinburgh zu sehen war, gibt erstmals einen Überblick über das Werk dieser ebenso faszinierenden wie bedeutenden Künstlerpersönlichkeit. Sie entstand als Kooperation zwischen den National Galleries of Scotland und dem Wien Museum und wurde von Duncan Forbes, dem langjährigen Hauptkustos für Fotografie an den National Galleries of Scotland und neuem Leiter des Fotomuseums Winterthur, kuratiert.
Edith Tudor-Hart wurde 1908 als Edith Suschitzky in Wien geboren und wuchs in einem sozialdemokratischen Elternhaus auf, ihr Vater betrieb eine Arbeiterbuchhandlung in Favoriten und einen revolutionären Verlag. Schon in jungen Jahren knüpfte sie Kontakte zur KPÖ und zur Kommunistischen Internationale, von beiden wurde sie beauftragt – mit legaler Parteiarbeit ebenso wie mit Geheimdienstaktivitäten. Früh engagierte sich Tudor-Hart im Bereich der Kinderpädagogik, absolvierte eine Montessoriausbildung und verkehrte in jenen Kreisen, die eine radikale, antiautoritäre Reform von Schule und Erziehung vorantrieben. Erst ein Studienaufenthalt am Bauhaus in Dessau (1928-1930) dürfte sie zur Fotografie gebracht haben, auch wenn Tudor-Hart in den Archiven bloß als Teilnehmerin des berühmten Vorkurses – und nicht als Studentin der Fotografieabteilung – aufscheint. Ihre ersten Aufnahmen entstanden um 1930 und „zeugen von einer technisch versierten Fotografin, die Themen wie die Entbehrungen der Arbeiterklasse und die reformorientierte Kultur der österreichischen Sozialdemokratie ebenso erkundete wie die Bedrohung durch militaristische und faschistische Kräfte“ (so der Fotohistoriker Anton Holzer). Zugleich begann sie eine Karriere als Fotoreporterin für Illustrierte.
Es war die Zeit, in der die Fotografie in den Massenmedien dank verbesserter Technologien enorm an Bedeutung gewonnen hatte. Von Anfang an begriff Tudor-Hart die Kamera als politische Waffe, mit deren Hilfe man Missstände dokumentieren konnte, an den formalen Experimenten der Avantgarde war sie nur wenig interessiert. Die Fotografie hatte aufgehört, „ein Instrument für das Aufzeichnen von Ereignissen zu sein und wurde stattdessen ein Mittel, um Ereignisse herbeizuführen und zu beeinflussen. Sie wurde eine lebendige Kunst, die die Menschen einbezog.“ (Edith Tudor-Hart) Sie veröffentlichte erste Fotoserien in den Zeitschriften Der Kuckuck, Arbeiter-Illustrierte-Zeitung und Die Bühne, unter anderem eine Reportage aus dem deprimierenden Londoner East-End oder eine Serie über den Alltag im Wiener Prater. Dass sie als Kommunistin für ein sozialdemokratisches Medium wie den Kuckuck arbeitete, hatte damit zu tun, dass die KPÖ medial (wie politisch) in Österreich kaum eine Rolle spielte – hier musste sich die junge Fotografin der kommerziellen Realität ihres Berufes anpassen. Allerdings war sie auch für die sowjetische Nachrichtenagentur TASS tätig, zudem setzte sie ihre Geheimdienstaktivitäten fort. Von einem Agentenkollegen wurde sie als „bescheiden, tüchtig und mutig“ beschrieben, sie sei bereit, „alles für die Sache der Sowjets zu tun“. Dies wurde Edith Tudor-Hart schließlich zum Verhängnis: Als die österreichische Regierung 1933 gegen Nazis und Kommunisten vorging, wurde sie kurzerhand verhaftet. Noch im gleichen Jahr heiratete sie den englischen Arzt Alexander Tudor-Hart, wodurch ihr 1934 die Flucht nach Großbritannien gelang. „Wenn wir die fotografische Arbeit Suschitzkys während ihrer Wiener Jahre überblicken, wird deutlich, dass sie bereits in ihrer frühen Phase ein umfangreiches und eigenständiges Werk geschaffen hat“, so Anton Holzer.
Bei den Bergarbeitern in Wales
Im Exil gewannen Edith Tudor-Harts Fotografien weiter an sozialkritischer Schärfe. So begleitete sie ihren Mann nach Südwales, wo er im Kohlerevier als Arzt praktizierte. Die Wirtschaftskrise hatte die Schwerindustrie und den Bergbau im Norden Englands besonders stark in Mitleidenschaft gezogen, in vielen Kleinstädten und Dörfern waren neun von zehn Männern arbeitslos. Auch die Fotos aus der Bergbau- und Schiffsbauregion Tyneside erzählen von erdrückenden wirtschaftlichen Verhältnissen und sozialem Niedergang. Mit ihren Bildern hob sich Tudor-Hart deutlich vom Mainstream der britischen Fotografie ab, die zu dieser Zeit von einer bürgerlichen, süßlich-gefühlsseligen Ästhetik geprägt war. Ihre Aufnahmen bestechen durch die Qualität des Dialogs mit den Porträtierten, der gesellschaftliche Kontext ist stets sicht- und spürbar. „Die von ihr fotografierten Frauen, Kinder und Arbeiter wirken weniger verdinglicht und zumindest teilweise stärker in die Lage versetzt, sich selbst zu repräsentieren“, so Duncan Forbes, der Kurator der Ausstellung.
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13.06.2013 - 08.09.2013
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag und Feiertag, 10 bis 18 Uhr
24. Dezember: 10 bis 14 Uhr; 25. Dezember und 1. Jänner:v geschlossenEintritt:
Erwachsene: 8 €. Ermäßigt 6 € (SeniorInnen, Wien-Karte, Ö1-Club, Menschen mit Behinderung, Studierende bis 27 Jahre, Lehrlinge, Präsenz- und Zivildiener, Gruppen ab 10 Personen) Kinder und Jugendliche unter 19 Jahre - Eintritt frei! Jeden ersten Sonntag im Monat für alle BesucherInnen - Eintritt frei!Katalog zur Ausstellung:
Edith Tudor-Hart. Im Schatten der Diktaturen (dt.) Edith Tudor-Hart. In the Shadow of Tyranny (engl.), Hg.: Duncan Forbes im Auftrag des Wien Museums, Hatje Cantz Verlag,152 Seiten, EUR 24,-