Kubismus
DYNAMIK! Kubismus / Futurismus / KINETISMUS
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Ausstellung10.02.2011 - 29.05.2011
Das Belvedere zeigt mit der Ausstellung DYNAMIK! Kubismus / Futurismus / KINETISMUS eine umfangreiche Werkschau zur Abstraktion in Wien zwischen 1919 und 1929 im Kontext der europäischen Moderne. Das international noch wenig beachtete Phänomen des Wiener Kinetismus wird zusammen mit Meisterwerken aus ganz Europa von unter anderen František Kupka, Robert Delaunay, Fernand Léger, Franz Marc, Carlo Carrà oder Giacomo Balla präsentiert.
In den frühen 1920er-Jahren setzten sich vor allem Studierende der Klasse von Franz Cizek an der Wiener Kunstgewerbeschule mit dem Kubismus, aber auch dem italienischen und russischen Futurismus auseinander – Kunstformen, die im Gegensatz zu Paris oder Berlin in Wien zu dieser Zeit noch keine Tradition ausgebildet hatten. So wurde Cizeks Klasse zur Ornamentalen Formenlehre für einen kurzen Moment zum Schmelzpunkt der Wiener Avantgarde.
Unter dem Schlagwort Kinetismus (griech. kinesis = Bewegung) ist kein neuer Stil, sondern eine künstlerische Haltung auf der Basis einer geometrisierendabstrakten Formensprache „ein vom modernen Leben durchpulster Aktivismus“ (Cizek) zu verstehen.
Die Studenten verschrieben sich einer neuen Fortschrittsgläubigkeit und dem Wunsch nach Erneuerung der Kunst durch die Reflexion der Wahrnehmungsprozesse. „Alles dreht sich, alles bewegt sich“ – diese plakative Feststellung aus jener Zeit liefert die Begründung, aus der Naturwissenschaft und Philosophie schöpfend auch in der Kunst der Dynamisierung der Lebenswelt Rechnung zu tragen. Dem Elan der Schüler ließ der Lehrer Cizek ganz im Sinne reformpädagogischer Ansätze freien Lauf. Mehr noch, er förderte die Studenten dahingehend, dass er ihnen alle Möglichkeiten bot, aus der Kunst, Wissenschaft, Ästhetik und der Kulturgeschichte zu rezipieren und dies künstlerisch in einer neuen geometrisierenden Formensprache zu verarbeiten. In Wien entstand daher aus einem geistigen Klima und nicht aus einer eigenen Tradition heraus eine abstrakte Kunst, die eigenständige künstlerische Positionen hervorgebracht hat. Neben zahlreichen unbekannten Talenten entwickelte sich um Erika Giovanna Klien, Elisabeth Karlinsky, Marianne Ullmann und Wolfgang Leopold Rochowanski ein kreatives Netzwerk.
Die Präsenz der europäischen Avantgarde in Wien kulminierte im Jahr 1924, mit der Ausstellung Internationale Kunst in der Secession unter Hans Tietze und der Internationalen Ausstellung neuer Theatertechnik im Konzerthaus. Fernand Léger nahm an den Ausstellungen teil und sein Film Ballet Mécanique wurde uraufgeführt. Filippo Tommaso Marinetti, Enrico Prampolini und Theo van Doesburg besuchten die Schauen und statteten auch der Cizek-Klasse einen Besuch ab. Es kam Bewegung in die Wiener Kulturszene und mit dem Bau von Kieslers Raumbühne konnte sogar eine temporäre konstruktivistische Architektur realisiert werden. Dies lies den Mitverantwortlichen der Theaterausstellung und den Erbauer der Raumbühne im Konzerthaus, Friedrich Kiesler, rückblickend über das Jahr 1924 schreiben: „Es schien als würde Utopia Realität werden.“
Der Tänzer und Choreograph Sebastian Prantl eröffnete die Schau im Belvedere mit einem Parcours durch die Ausstellungsräume. Prantl geht es dabei um „einen choreographischen Prozess, der die Ausstellung im Wechselspiel von akustischen, visuellen und energetischen Kraftfeldern aufschlüsselt“. Das musikalische Konzept, bestehend aus Klavierpartituren von unter anderen Edvard Grieg und Philip Glass, entwarf Cecilia Ling. Aufgezeichnet und verarbeitet von Raffael Frick, ist die Performance innerhalb der Ausstellung als Film zu sehen.
THEMEN DER AUSSTELLUNG Harald Krejci und Kerstin Jesse Wiener Kinetismus
Unter dem Begriff Wiener Kinetismus vereinen wir heute verschiedene künstlerische Positionen aus der Zeit zwischen 1918 und 1929. Gemeinsames Merkmal ist die Suche nach einer Synthese des inneren Ausdrucks mit kubistischer und futuristischer Formauffassung, um der Dynamik der modernen Lebenswelt Rechnung zu tragen. Elementare Bildformen werden durch Bewegungslinien rhythmisiert und zeigen übereinander gelagerte dynamische Bewegungsabläufe. Die Dynamik der Großstadt, der neue Ausdruckstanz, die Technisierung der Umwelt und die Reflexion über die Wahrnehmungsprozesse bildeten die Grundlage für eine über zehn Jahre dauernde Geschichte der Abstraktion in Wien. Zentrum des Netzwerks junger Künstler war Franz Cizeks Abteilung für Ornamentale Formenlehre an der Wiener Kunstgewerbeschule, dessen Leitmotiv „Nicht lehren, nicht lernen - wachsen lassen aus dem eigenen Wurzeln“ war. Dort wurde eine innovative Rezeption der Errungenschaften der Avantgarden vor 1918 ermöglicht und durch Ausstellungstätigkeiten gefördert. Erika Giovanna Klien, Marianne/My Ullmann, Elisabeth Karlinsky – es waren vor allem enthusiastische junge Frauen, die in den 1920er-Jahren in Wien nach einem neuen künstlerischen Ausdruck suchten. Nicht abbilden, sondern bilden war Franz Cizeks Credo. Auf dieser Grundlage entstand eine Vielzahl an Arbeiten und es entwickelte sich eine Strömung der abstrakten Kunst jenseits des secessionistischen ornamentalen Stils. Charakteristisch für den Kinetismus ist dabei das Beibehalten des Motivs, das die Grundlage für eine auf Farben und Formen basierende, rhythmische Bildstruktur bildete. Innere und äußere Bewegung sollten in Gleichklang gebracht werden.
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