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Weltreligion

Neueinrichtung Sammlung islamische Kunst

Weltreligion

Das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MKG) stellt im April 2015 seine Sammlung islamischer Kunst auf erweiterter Fläche und in neuer Konzeption vor. Vor dem Hintergrund des zunehmenden öffentlichen Interesses an muslimischen Kulturen will das MKG den Islam als kulturelle Größe und Weltreligion in seiner historischen, geografischen, sozialen und politischen Vielfalt und Bedeutung erfahrbar machen. Die aktuelle Zerstörung historischer Stätten im Nahen Osten macht es umso dringlicher, die Geschichte und die Errungenschaften der großen Zivilisationen der Menschheit zu bewahren und weiterzuerzählen. Die Präsentation nimmt, wie auch zuvor bei den neu gestalteten Themen Buddhismus, Christentum und Judentum, zentrale Aspekte in den Blick, die die Kultur des Islam auszeichnen: Die große Vielfalt islamischer Kulturen, die Wechselwirkungen und der Wissenstransfer mit dem Alten Orient, den ostasiatischen und europäischen Kulturen und die Bedeutung der Religion für die künstlerische Produktion. Der historische Parcours wird durch wechselnde Arbeiten zeitgenössischer Künstler ergänzt. Sie bieten verschiedene Perspektiven auf den Umgang mit dem kulturellen Erbe und greifen aktuelle Themen auf. Der Animationsfilm Simorgh des Iraners Meghdad Asadi Lari bearbeitet beispielsweise mit der „Konferenz der Vögel“ ein bedeutendes Werk der persischen Mystik aus dem 12. Jahrhundert. Die libanesische Comic-Autorin Zeina Abirached erzählt von ihrem familiären Alltag während des Bürgerkriegs. Die Ausstellung zeigt rund 270 Exponate wie Architekturteile, Fliesenfelder, Keramik, Teppiche, Stoffe mit Metallbroschur, Buchkunst, tauschierte Metallgefäße, Filme und Graphic Novels.

Mit dieser Neuaufstellung will das MKG dem verbreiteten Vorurteil entgegenwirken, der Islam sei eine in sich geschlossene Welt, die durch ein einheitliches Erscheinungsbild gekennzeichnet ist. Mit ausgewählten Sammlungsobjekten erzählt das MKG von der Vielfalt ihrer Gebrauchsweisen und ihrer Bedeutungen in alltäglichen, rituellen und künstlerischen Zusammenhängen. Ziel der Neupräsentation der Sammlung Islamische Kunst ist es, mit diesen Erzählsträngen und Zugängen eine komplexe Zivilisation nachzuzeichnen, die über Epochen und Grenzen hinweg immer in Bewegung und im Austausch war und die das Abendland mitgeprägt hat. Die kulturelle Vielfalt islamisch geprägter Kulturen zeigt sich bis heute in der unterschiedlichen Einstellung zur Figurendarstellung oder zur religiösen Praxis. Auch im Bereich des Glaubens existieren verschiedene Interpretationen und Wege.

Was heißt Islamische Kunst?: Die Bezeichnung Islamische Kunst meint die Kunst islamisch geprägter Länder – von Spanien bis Indien und von Nordafrika bis Zentralasien – mit ganz unterschiedlichen Traditionen. Sie ist außerdem geprägt durch vielfältigen Kulturaustausch. In der Frühzeit wird das byzantinische, spätantike und sasanidische Erbe verarbeitet. In der Folgezeit führen Handel, politische Kontakte und die Eroberungen zu Impulsen und kulturellen Verflechtungen. Die freiwilligen oder erzwungenen Wanderungen der Künstler bewirken eine schnelle Verbreitung kunsthandwerklicher Techniken und Stile über die gesamte islamische Welt. Die islamisch geprägte Kultur ist vor allem eine Objektkultur, die Künstler konzentrieren sich aus religiösen Gründen auf die Schaffung von Gegenständen und nicht auf die Gestaltung bildnerischer Werke. Entgegen der verbreiteten Annahme stammt der größere Teil der Objekte aus weltlichem Zusammenhang, abgesehen vom Koran gibt es keine rituellen Objekte für die Glaubenspraxis. Auftraggeber sind die weltlichen Herrscher und Fürsten. Die Nutzung der Objekte ist oft nicht festgelegt. So kann ein Teppich zum Gebet dienen, aber auch für den Wohnbedarf. Eine den gesamten Kulturraum einende Bedeutung nimmt die Schrift ein. Mit arabischen Buchstaben werden viele Sprachen der islamischen Welt geschrieben. Die Schrift ist zusammen mit dem Ornament ein allgegenwärtige visueller Code der islamisch geprägten Kulturen.

Erbe und Wandel: Bereits über Jahrtausende vollziehen sich in Vorderasien entscheidende Entwicklungen. Die Menschen bauen die ersten Städte und erfinden die Schrift. In dieser Region nimmt die Ausbreitung des Islam ihren Anfang. Seit 630 n. Chr. kommt es zur Konfrontation arabischer Stämme mit dem oströmischen Reich und dem der orientalischen Sasaniden. Der Sieg über diese Dynastie 651 markiert das Ende der Antike im Orient. Syrien, Palästina und das Zweistromland befinden sich unter arabischer Kontrolle. Die neuen Machthaber bringen ihren Glauben – den Islam – mit, achten und übernehmen aber auch die vielfältigen Traditionen der Bezwungenen. Man bedient sich eines Verwaltungssystems nach oströmischem Vorbild, selbst die griechische Sprache bleibt noch Jahrzehnte in Gebrauch. Christen, Juden und die Zoroastrier in Persien dürfen ihren Glauben weiter ausüben. Das orientalische Erbe und der Wandel sind dokumentiert in der Verwendung der Schrift, in Produktion und Gebrauch von Luxusgütern und in der Abwendung von der vielgestaltigen Götterwelt des Orients. Die Ausstellung zeigt Beispiele spätantiker und arabischer Schrift aus der frühislamischen Zeit. Die große Bedeutung der Schrift äußert sich auch im Koran, auf Keramiken und in Gedichtbüchern.






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  • Detail höfischer Teppich, Lotusblume, Iran, Mitte 16. Jh., © Milena Schloesser
    Detail höfischer Teppich, Lotusblume, Iran, Mitte 16. Jh., © Milena Schloesser
    Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
  • Abb.: Fliesenbogen, Iznik/Türkei, Osmanische Dynastie, Mitte 16. Jh., Quarzfritte mit Glasur, Foto: Maria Thrun/MKG
    Abb.: Fliesenbogen, Iznik/Türkei, Osmanische Dynastie, Mitte 16. Jh., Quarzfritte mit Glasur, Foto: Maria Thrun/MKG
    Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
  • Zeina Abirached, Das Spiel der Schwalben, S. 35, 2013, © avant-verlag
    Zeina Abirached, Das Spiel der Schwalben, S. 35, 2013, © avant-verlag
    Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
  • Kanne, Syrien oder Venedig, spätes 15. Jh., Bronze, Foto: Roman Raacke
    Kanne, Syrien oder Venedig, spätes 15. Jh., Bronze, Foto: Roman Raacke
    Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
  • Fliesenbogen mit Jagdszenen, Isfahan/Iran, spätes 17. Jh., Fayence, Glasurfarben in Cuerda-Seca-Technik, H 132 cm, B 346 cm, Eigentum der Stiftung für die Hamburger Kunstsammlungen, Foto: Roman Raacke
    Fliesenbogen mit Jagdszenen, Isfahan/Iran, spätes 17. Jh., Fayence, Glasurfarben in Cuerda-Seca-Technik, H 132 cm, B 346 cm, Eigentum der Stiftung für die Hamburger Kunstsammlungen, Foto: Roman Raacke
    Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
  • Trinkschale für Wein mit Figurenpaar, Kashan/Iran, frühes 13. Jh., Quarzfritte mit Zinnglasur und Lüsterbemalung, H 10,9 cm; D 20,5 cm, Eigentum der Stiftung für die Hamburger Kunstsammlungen, Foto: Maria Thrun, © Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
    Trinkschale für Wein mit Figurenpaar, Kashan/Iran, frühes 13. Jh., Quarzfritte mit Zinnglasur und Lüsterbemalung, H 10,9 cm; D 20,5 cm, Eigentum der Stiftung für die Hamburger Kunstsammlungen, Foto: Maria Thrun, © Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
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