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Gurlitt bei Ketterer Kunst

München, 11. Mai 2022 (KK) – Zehn Jahre nach dem „Schwabinger Kunstfund“, der weltweit Schlagzeilen gemacht hatte, kommen zwei großartige Aquarelle von Otto Dix bei Ketterer Kunst der diesjährigen Juni-Auktion im Rahmen des Evening Sales am 10. Juni um 17:30 Uhr in München zum Aufruf. Es handelt sich um zwei Werke aus dem Nachlass des 2014 verstorbenen Münchener Sammlers und Privatiers Cornelius Gurlitt. Otto Dix hatte die Aquarelle 1922 in Düsseldorf gemalt. In dieser Zeit entstanden seine wichtigsten Arbeiten in der Aquarelltechnik, die heute besonders beliebt sind.

Die „Dame in der Loge“ (Taxe: € 140.000 - 180.000) erscheint mondän im Zwielicht und zeigt damit eine schillernde soziale Typologie zwischen Halbwelt und Bürgertum. Die „Dompteuse“ (Taxe: € 100.000 - 150.000) ist eine vielsagende und ausdrucksstarke Verquickung der Themenkreise "Bordell" und "Zirkus". „Aquarelle mit dem schönen Eros der frühen 20er Jahre gehören zu den begehrtesten Arbeiten von Otto Dix auf dem internationalen Auktionsmarkt,“ erklärte Robert Ketterer, Auktionator und Chef von Ketterer Kunst. Die beiden Aquarelle waren zuletzt im Besitz des Kunstmuseums Bern.

Das Museum hatte im Dezember 2021 entschieden, sie an die Erben des jüdischen Rechtsanwalts und bekannten Breslauer Sammlers Dr. Ismar Littmann und an die Enkelin seines Freundes und Unterstützers Dr. Paul Schaefer zu übergeben. In bestem Einvernehmen mit den Erben nach Dr. Littmann kommen somit zwei weitere besondere Werke aus der Sammlung Littmann zu Ketterer Kunst.

2021 hatte Ketterer Kunst bereits Lovis Corinths "Klostergarten" und Emil Noldes „Buchsbaumgarten“ aus der Sammlung Littmann in der Auktion.

"Die beiden Aquarelle sind nicht nur kunsthistorisch von besonderem Wert,“ erklärte Robert Ketterer, Auktionator und Chef von Ketterer Kunst. „Sie sind auch ein Zeitzeugnis der wechselvollen deutschen Geschichte.“

Dr. Ismar Littmann war eine Ikone der Breslauer Kunstszene und einer der bedeutendsten Kunst- sammler Deutschlands. Der Kunstkenner und bekannte Rechtsanwalt hatte ein Faible für die Kunst seiner Zeitgenossen. Er begann 1916 mit dem Aufbau seiner Sammlung heute namhafter deutscher Künstler des Impressionismus und Expressionismus, darunter neben Otto Dix auch Otto Mueller, Kä- the Kollwitz, Emil Nolde, Max Pechstein, Alexander Kanoldt und Lovis Corinth. In der Kunstszene wurde seine Großzügigkeit ebenso geschätzt wie sein Auge für das Außergewöhnliche und für beste Qualität. Nicht selten fanden sich Werke seiner Sammlung später in berühmten Museen wieder. Die Sammlung gilt als eine der bedeutendsten des 20. Jahrhunderts.

Dr. Littmann erwarb die beiden Aquarelle von Dix in der berühmten Galerie Nierendorf in Köln 1924. Aufgrund seiner jüdischen Herkunft wurde Dr. Littmann bereits früh von den Nationalsozialisten verfolgt und durfte seine Anwaltstätigkeit nicht mehr ausüben. Littmanns Freund, der Breslauer Zahnarzt Dr. Paul Schaefer, später selbst ein Verfolgter des NS-Regimes, unterstützte die Familie finanziell und übernahm dabei auch Konvolute von Kunstwerken als Kreditsicherheiten. Ohne Zukunftsperspektive verstarb Ismar Littmann im September 1934 an den Folgen eines Suizidversuchs. Seine Witwe war gezwungen, die Kunstsammlung zu verkaufen, um der Familie das Überleben zu sichern und die Flucht aus Deutschland vorzubereiten. Am Tag bevor sie 1935 in einer Auktion versteigert werden sollten, beschlagnahmte die Gestapo 64 Gemälde und zahlreiche Papierarbeiten, darunter vermutlich auch die von Otto Dix, wegen „kulturbolschewistischer Tendenzen“.

Mehr als ein Jahr wurden sie zunächst in der Nationalgalerie im Kronprinzenpalais in Berlin gelagert. Spätestens 1938 gingen die Werke von Dix im Zuge der Aktion „Entartete Kunst“ in Staatseigentum über und der nachfolgend gesetzlich angeordneten Enteignung. Hildebrand Gurlitt übernahm mit drei anderen NS-Kunsthändlern den Verkauf der Werke gegen Devisen für den Staat. In diesem Zusam- menhang erwarb er wohl auch die beiden Aquarelle. Gurlitt war auch einer der Haupteinkäufer für das Hitlermuseum in Linz. In dieser Funktion beteiligte er sich auch am nationalsozialistischen Kunstraub vor allem in Frankreich.

1945 beschlagnahmten die amerikanischen Streitkräfte die Dix-Aquarelle als Teile einer Sammlung des NS-Kunsthändlers. Gurlitt erhielt sie jedoch, nachdem eine problematische Herkunft damals nicht er- kennbar war, 1950 zurück. Hildebrand Gurlitt war inzwischen Leiter des Kunstvereins in Düsseldorf geworden. Die beiden Werke waren später Teil einer mehr als 1.500 Werke umfassenden Sammlung, die der Sohn Cornelius Gurlitt 1968 von den Eltern erbte.

Cornelius Gurlitt lebte fast fünf Jahrzehnte mit der Sammlung in zwei Wohnungen in München und Salzburg. 2012 geriet er in den Verdacht von Steuerstraftaten. Im Zuge der Ermittlungen wurde die Sammlung „entdeckt“ und von der Staatsanwaltschaft München beschlagnahmt.

Cornelius Gurlitt lebte fast fünf Jahrzehnte mit der Sammlung in zwei Wohnungen in München und Salzburg. 2012 geriet er in den Verdacht von Steuerstraftaten. Im Zuge der Ermittlungen wurde die Sammlung „entdeckt“ und von der Staatsanwaltschaft München beschlagnahmt.








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