Kunstexperten
Provenienzforscher setzen die Arbeit der Monuments Men fort
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Presse20.02.2014
Eine ungewöhnliche Spezialeinheit der US-Armee, ein Team von Wissenschaftlern und Kunstexperten, zog vor 70 Jahren durch das kriegsgebeutelte Europa – die Abteilung »Monuments, Fine Arts and Archives«, durch Edsels Buch und Clooneys Film als »Monuments Men« berühmt geworden. Ihr Auftrag war es, Kunstwerke vor der Zerstörung zu bewahren und Raubkunst sicherzustellen. Weit oben auf der Liste ihrer Zielpersonen stand Hitlers Leibfotograf Heinrich Hoffmann.
Mit Porträts seines »Führers« und Aufnahmen von Parteiaufmärschen hatte Hoffmann im »Dritten Reich« ein Millionenvermögen verdient. Typisch für die Führungselite des NS-Regimes investierte er im großen Stil in Kunst. Vor allem Gemälde des bayerischen Malers Carl Spitzweg (1808-1885) fanden sein Interesse. Er rühmte sich sogar, die beste Spitzweg-Sammlung weltweit zu besitzen.
Im April 1945 wurde Heinrich Hoffmann in Oberwössen im Chiemgau von der US-Armee gefangengenommen und vernommen, »Monuments Man« Harry Ettlinger fungierte als Übersetzer. Die »Monuments Men« machten sich nun daran, Hoffmanns Kunstsammlung zu beschlagnahmen, die dieser während des Krieges an verschiedenen Orten in Bayern vor Bombenangriffen in Sicherheit gebracht hatte.
In einem Kloster in Dietramszell südlich von München stellten die Kunstexperten der US-Truppen etwa das Spitzweg-Gemälde »Institutsspaziergang« sicher. Wie zehntausende anderer Kunstwerke brachten die »Monuments Men« das Bild nach München in den sogenannten Central Collecting Point, den die US-Militärregierung und Jim Rorimer unter Leitung des jungen Kunsthistorikers Craig Hugh Smyth in der ehemaligen NSDAP-Zentrale am Königsplatz eingerichtet hatten. Dort sammelten die amerikanischen Experten alle Objekte, die sie in Bergungsorten wie Kloster Dietramszell, Schloss Neuschwanstein u.a. fanden. Ihr Ziel war es zu klären, ob es sich bei den Werken um eingelagerte Museumsbestände oder Raubkunst aus jüdischem Besitz oder Sammlungen aus von den Deutschen besetzen Ländern handelte. Für ihre Ermittlungen beschlagnahmte die Kunstschutztruppe unter anderem Verkaufsunterlagen und verhörte Verdächtige, darunter auch den Direktor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen: Ernst Buchner. Das Vorgehen war insgesamt sehr erfolgreich: In den ersten Jahren nach dem Krieg konnte der weitaus größte Teil der fraglichen Gegenstände, mehrere 100.000 Objekte, an die rechtmäßigen Eigentümer zurückgegeben werden. Bei dem Gemälde »Institutsspaziergang« aus dem Besitz von Heinrich Hoffmann ließen sich keine Belege dafür finden, dass es sich um Raubkunst handelte.
Hoffmann wurde schließlich im Zuge der Entnazifizierung als Hauptschuldiger eingestuft. Das Urteil gegen den »NSDAP-Bildberichterstatter« lautete vier Jahre Haft und Enteignung. Nach den Bestimmungen der Kontrollratsdirektive Nr. 50, die die Besatzungsmächte in Kraft gesetzt hatten, kam mit Hoffmanns übrigem Besitz auch das Gemälde »Institutsspaziergang« in den Besitz des Freistaates Bayern. 1957 gelangte das Bild daraufhin in den Bestand der Neuen Pinakothek.
Provenienzforscher an den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen greifen den Fall nun wieder auf. Zusammen mit anderen Bildern und Skulpturen aus dem Besitz von führenden Nationalsozialisten und der NSDAP, die ebenfalls als »Überweisungen aus Staatsbesitz« zu den Pinakotheken kamen, nehmen sie auch den »Institutsspaziergang« erneut unter die Lupe. Da sich Raub oder verfolgungsbedingter Verlust derzeit nicht gänzlich ausschließen lassen, erfolgte bereits eine Meldung bei der Internetplattform Lost Art. Dort ist nun der momentane Informationsstand zu dem Gemälde öffentlich einsehbar, so dass mögliche Eigentümer ihre Ansprüche geltend machen können. Das Gemälde »Institutsspaziergang« ist damit eines von aktuell 174 Kunstwerken, die seitens der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen bei Lost Art (www.lostart.de) gemeldet wurden. Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen folgen damit ihrer Verpflichtung der Bestandsüberprüfung nach den Maßstäben der sogenannten Handreichung, auf Basis der Gemeinsamen Erklärung und den Washington Principles (Grundsätze der Washingtoner Konferenz in Bezug auf Kunstwerke, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurden).
Die Recherchen zu dem Bild gehen indes weiter. Mit zusätzlichen Quellen versuchen die Provenienzforscher bisherige Lücken zu schließen und die Herkunft des Spitzweg-Gemäldes vollständig zu klären.
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