Internationaler Star-Fotograf: Österreichische Nationalbibliothek erwirbt außergewöhnlichen Nachlass von Yoichi Okamoto
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Presse26.10.2019
Ein besonderer Coup gelang vor kurzem der Österreichischen Nationalbibliothek durch den Ankauf des persönlichen fotografischen Nachlasses von Yoichi R. Okamoto. Der unter Präsident Lyndon B. Johnson zum offiziellen Fotografen des Weißen Hauses aufgestiegene Japano-Amerikaner war von 1948 bis 1954 Leiter des amerikanischen Bilddienstes in Österreich und hatte dadurch wie kaum ein anderer die Möglichkeit, das Österreich der Nachkriegszeit mit der Kamera unmittelbar festzuhalten. Der Nachlass mit über 15.000 historischen Negativen und 900 fotografischen Originalprints ist in seiner Gesamtheit ein einzigartiges Dokument aus den Anfängen der 2. Republik: Gesellschaft und Politik sind hier ebenso vertreten wie Kunst und Kultur. Dieser wichtige Neuzugang wird derzeit umfassend dokumentiert und digitalisiert, damit die Originale und die digitalen Reproduktionen für die Forschung und für Ausstellungen zur Verfügung stehen.
Generaldirektorin Dr. Johanna Rachinger: „Ich freue mich sehr, dass es uns mit tatkräftiger Unterstützung der Österreichischen Botschaft in Washington gelungen ist, diesen zeitgeschichtlich bedeutsamen und künstlerisch so wertvollen Nachlass nach Österreich zu holen. Okamoto war Mentor der österreichischen Pressefotografie und besuchte dieses von ihm geliebte Land bis in die 1970er-Jahre gemeinsam mit seiner Wiener Frau Paula, um es zu fotografieren. Mein besonderer Dank gilt seinem Sohn Philip Okamoto und seiner Frau Kathy, die sein fotografisches Erbe in Österreich bewahrt wissen wollten.“
Yoichi Okamoto
Yoichi R. Okamoto wurde 1915 in Yonkers, New York als Sohn einer japanischen Einwandererfamilie geboren. Während seiner Studienzeit in den 1930er-Jahren entdeckte er die Liebe zur Fotografie und begann bald, damit seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Nach dem Überfall auf Pearl Harbor 1941 trat er als einer der ersten Amerikaner mit japanischer Abstammung der US-Armee bei. 1944 kam er nach Europa und avancierte zum persönlichen Fotografen von General Marc Clark, dem ersten Oberkommandierenden der US-Armee in Österreich. Er begleitete General Clark auf seinen Reisen und dokumentierte das Leben und den Alltag der Menschen im kriegszerstörten Österreich, den Wiederaufbau und die Freude am Leben trotz aller Entbehrungen.
Im September 1948 übernahm Okamoto die Leitung der Fotosektion des amerikanischen Informationsdienstes in Österreich (USIS), die er zu einer hochprofessionellen Organisationseinheit ausbaute. Von 1948 bis 1954 dokumentierte die USIS den Marshallplan und die Aktivitäten der Amerikaner in Österreich. Gleichzeitig bildete Okamoto eine ganze Generation von jungen österreichischen Fotografen aus, indem er sie bei der USIS anstellte.
In Österreich fand er auch die Liebe seines Lebens, seine Frau Paula. Gemeinsam mit ihr und den Kindern Philip und Karin kehrte Okamoto 1954 in die USA zurück, wo er die „Visual Materials“-Abteilung der United States Information Agency (USIA) leitete. 1963 wurde Okamoto von
Lyndon B. Johnson zum offiziellen Fotografen des Weißen Hauses ernannt. Okamotos unnachahmlicher fotografischer Stil und seine lebendigen und persönlichen Aufnahmen des Präsidenten machten die White House Years Johnsons zur bis dahin bestdokumentierten Regierungszeit eines US-Präsidenten und den Fotografen zu einem internationalen Star: Seine fotografischen Kunstwerke wurden in mehreren Ausstellungen in den USA, u. a. im Museum of Modern Art in New York gezeigt und gewürdigt.
In Österreich organisierte der „Art Club“ 1954 eine Ausstellung in der berühmten Galerie Würthle. Okamotos eindrucksvolle Porträtstudien von österreichischen KünstlerInnen wie Raoul Aslan, Gottfried von Einem oder Wilhelm Furthwängler wurden in der Plakatkampagne „Schöpferisches Österreich“ veröffentlicht. Sie schufen ein eindrucksvolles Bild des intellektuellen Lebens im Österreich der Nachkriegszeit und sind ebenfalls Teil des Nachlasses.
Immer wieder kehrten Yoichi und Paula Okamoto nach Österreich zurück, in den 1970er-Jahren fotografierte er in Farbe alte Handwerkstraditionen in Tirol, Salzburg und der Steiermark, das veränderte Bild der Städte und die modernen Zeiten in Wien und Österreich. Okamoto starb 1985 im Alter von 69 Jahren, zwei Jahre später verewigte seine Frau ihre gemeinsamen Erinnerungen an Wien und Österreich in der Publikation „Okamoto sieht Wien“.
Bildarchiv und Grafiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek
Mit einem Bestand von über drei Millionen Objekten unterschiedlichster historischer Mediengattungen ist die Sammlung „Bildarchiv und Grafiksammlung“ die größte Bilddokumentationsstelle Österreichs. Sie ist Archiv, Bibliothek, wissenschaftliche Bildagentur und Reproduktionsservicestelle für Bildbestellungen aus allen Sammlungen der Österreichischen Nationalbibliothek. Der Nachlass von Yoichi R. Okamoto, der in dieser Sammlung dokumentiert und digitalisiert wird, reiht sich ein in eine lange Liste von Vor- und Nachlässen berühmter FotografInnen wie Lucca Chmel, Joe Heydecker, Erich Lessing, Harry Weber und Margret Wenzel-Jelinek.
Direktor Dr. Hans Petschar: „40 Jahre Zeitgeschichte verdichten sich in diesem einzigartigen Nachlass von Yoichi Okamoto. Mit seinen Fotografien und dem bereits vorhandenen Archiv des amerikanischen Informationsdienstes in Österreich wird das Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek zur bedeutendsten Forschungsstätte für die visuelle Geschichte der österreichisch-amerikanischen Beziehungen nach 1945.“
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