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gotischer Kunst

ALTAR VON SCHLOSS TIROL wieder im Ferdinandeum zu sehen

gotischer Kunst

Der Altar von Schloss Tirol ist in mehrerlei Hinsicht ein Juwel: als Meisterwerk gotischer Kunst, als Dokument der Tiroler Landesgeschichte und als frühes Sammlungsinventar des Ferdinandeum. 1370/72 entstanden, gilt er als der älteste, weitgehend vollständig erhaltene Flügelaltar des Alpenraums. Eingebettet in ein Forschungsprojekt ist der Altar nun wieder im Ferdinandeum zu sehen.

INNSBRUCK. Im April 2016 fiel der Startschuss für ein von den Tiroler Landesmuseen initiiertes Forschungsprojekt mit dem Ziel, durch moderne kunsttechnologische Untersuchungsmethoden neue Erkenntnisse über den Altar von Schloss Tirol zu gewinnen sowie den Austausch unter internen und externen ExpertInnen anzuregen.

„Der Altar von Schloss Tirol ist aufgrund seiner politischen Funktion und künstlerischen Gestaltung ein kulturgeschichtlich hochinteressantes Objekt, zu dem es noch viel zu erforschen gibt. Mit seiner Neupräsentation im Ferdinandeum wollen wir unsere Untersuchungen einem breiten Publikum zugänglich machen“, hält PD Dr. Wolfgang Meighörner, Direktor der Tiroler Landesmuseen, fest. „Die Ergebnisse des Forschungsprojekts werden im Ausstellungsraum nach und nach Spuren hinterlassen und in einer Publikation münden“, betonen Mag. Claudia Mark und Dipl. Restauratorin Laura Resenberg, die gemeinsam mit dem Direktor das Projekt wissenschaftlich koordinieren.

Das Forschungsprojekt
Die bislang einzige umfassende Monografie zum Altar von Schloss Tirol wurde 1948 von Vinzenz Oberhammer, damals Kustos des Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, publiziert. In den darauffolgenden 70 Jahren beschäftigte sich die Forschung vor allem mit der liturgischen und politischen Funktion des Altars, seinem Bildprogramm und der wechselvollen Geschichte seiner Provenienz.

In Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt initiierten die Tiroler Landesmuseen 2016 ein neues, mehrjährig angelegtes Forschungsprojekt zum Altar von Schloss Tirol mit dem vorrangigen Ziel, durch moderne kunsttechnologische Untersuchungsmethoden neue Erkenntnisse zur materiellen Zusammensetzung und Entstehungsgeschichte des Altars zu gewinnen. Außerdem soll ein zukunftsweisendes Konzept für die Konservierung bzw. Restaurierung des wertvollen Kulturguts entwickelt werden.

Was ist auf dem Altar zu sehen?
Im geöffneten Zustand zeigt der Altar einen Marienzyklus, der mit der Verkündigung am linken Flügel oben beginnt, sich in Heimsuchung und Geburt Christi an den Nischenflügeln fortsetzt, dann  – mit der Anbetung der Könige – wieder zum linken Flügel zurückkehrt und am rechten Flügel mit Tod und Krönung der Muttergottes schließt. In den Wimpergen befinden sich die Brustbilder der Heiligen Katharina, Ursula, Margarete und Elisabeth. In der leeren Mittelnische stand ursprünglich eine Skulptur, die heute nicht mehr existiert. Sie bildete das Zentrum des Flügelaltars und den inhaltlichen Kern des Bildprogramms. Vermutlich handelte es sich um eine sitzende Madonna mit Kind. Bei geschlossenen Flügeln zeigt der Altar Maria und Johannes, deren Klagegesten sich auf ein ursprünglich über die Fuge gehängtes, plastisches Kruzifix beziehen.

Kulturgeschichtlich interessante und realistische Details ergänzen die Darstellungen des Marienzyklus. Die Szene mit dem Marientod zeigt zum Beispiel einen Apostel, der sich beim Lesen eines Buches eine Nietbrille vor seine Augen hält. Die Darstellung dieser Sehhilfe gilt als eine der ältesten in Europa. Aber auch Details wie die karierten Polsterbezüge, die auf das Geburtslager hingebreiteten Beinlinge Josefs oder der Mus kochende Josef liefern spannende kulturgeschichtliche Verweise.

Politisches Manifest
Zugleich ist der Altar von Schloss Tirol als politisches Manifest ein Denkmal für die Geschichte des Landes Tirol. Wappen, der Tiroler Adler und der österreichische Bindenschild weisen u. a. auf die Anbindung Tirols an das Haus Habsburg hin. Der Altar wurde vor 1373 von Herzog Albrecht III. und Herzog Leopold III. für die Kapelle des Schlosses Tirol, des Stammsitzes und der Residenz der Grafen von Tirol, gestiftet. Die beiden Habsburger hatten Tirol von ihrem Bruder Rudolf IV. erhalten, dem die Grafschaft wiederum 1363 von Margarete „Maultasch“ übergeben worden war.

Kratzinschriften auf der Rückseite
Auf seiner Rückseite weist der Altar insgesamt über 260 Inschriften auf, die in den mit roter Farbe überstrichenen Kreidegrund eingeritzt wurden. Die Ritzungen datieren von der Mitte des 15. Jahrhunderts bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts. Initialen, Wappen, Sinnsprüche, ja ganze Namen mit Funktionen ihrer Träger belegen die Bedeutung, die dem Altar beigemessen wurde – und zugleich das immer wiederkehrende Bedürfnis der Menschen, sich zu verewigen. Die Inschriften werden im Laufe des Forschungsprojekts untersucht.

Kunsttechnologische Untersuchungen
Die Darstellungen auf dem Altar sind bereits sehr gut analysiert, aber auf restauratorisch-konservatorischer beziehungsweise kunsttechnologischer Ebene liegen zu diesem wichtigen Objekt noch keine Forschungsergebnisse vor. In interdisziplinärer Zusammenarbeit von HistorikerInnen, KunsthistorikerInnen, KunsttechnologInnen und NaturwissenschaftlerInnen wird der Altar nun dahingehend untersucht.

In einer ersten Phase im Frühling 2016 wurde eine Bestandserfassung des Altars vorgenommen. Ziel war es, die Herstellung des Altars und seine Konstruktion zu verstehen. Dazu wurden Röntgenaufnahmen des Objekts angefertigt. Des Weiteren wurde ein 3D-Modell des Altars erstellt. Es stellte sich heraus, dass der Altar von Schloss Tirol aus einer sehr einfach genagelten Kiste ohne konstruktive Holzverbindungen besteht. Die unteren Profilleisten an beiden Seitenflächen des Altarschreins sind eindeutig spätere Ergänzungen.






  • 15.01.2016 - 22.03.2017
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    TIROLER LANDESMUSEUM FERDINANDEUM
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  • Neupräsentation des Altars von Schloss Tirol im Ferdinandeum Foto: Günter R. Wett
    Neupräsentation des Altars von Schloss Tirol im Ferdinandeum Foto: Günter R. Wett
    Tiroler Landesmuseen
  • Frontalansicht des geöffneten Altars Foto: TLM
    Frontalansicht des geöffneten Altars Foto: TLM
    Tiroler Landesmuseen