Kunsthaus Zürich
Antoine Bourdelles Bronzeplastik «Sappho» wird restauriert
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Presse20.08.2013
Im Kunsthaus Zürich wird die Bronzeskulptur «Sappho» des französischen Bildhauers Antoine Bourdelle (1861-1929) einer aufwändigen Restaurierung unterzogen. Für 2014 ist eine Sammlungspräsentation geplant.
Der aus Südwestfrankreich stammende Bildhauer Antoine Bourdelle bildet mit Auguste Rodin und Aristide Maillol das Dreigestirn der frühmodernen französischen Plastik. Von intimen, kleinformatigen Arbeiten bis zu grossen öffentlichen Auftragsarbeiten hat Bourdelle, der bereits zu Lebzeiten weltweite Anerkennung erfuhr, alle Formate gepflegt. Sein Hauptthema ist die beseelte, bis in die kleinsten Details der Form kraftvoll durchgestaltete menschliche Figur, häufig dargestellt in mythologischen Kontexten. Letzteres gilt auch für die drei wichtigen Bronzen im Kunsthaus Zürich: «Apollon (Masque)» von 1900, eine Darstellung des Gesichtes von Apoll, dem griechischen Gott der Musik und der Dichtkunst, sodann «Beethoven» von 1902, eine Porträtbüste des grossen Komponisten – und schliesslich «Sappho» von 1887/1925.
SAPPHOS THEMA IST DIE LIEBE
Bei Sappho handelt es sich um eine monumentale Darstellung der gleichnamigen grössten Dichterin der Antike (spätes 7. bis frühes 6. Jh. v. Chr.). Auf einer kleinen Erhöhung kauernd, trägt sie eine grosse Lyra bei sich. Vom hochgereckten grossen rechten Zeh bis zur nach oben gehaltenen rechten Hand ist ihre ganze Gestalt von einer starken Spannung erfüllt, die sich auch in den Falten ihres Kleides manifestiert. Sappho hat den Kopf gebeugt. Ihre rechte Hand verbindet sich darüber mit der Form des Instrumentes, vielleicht zählt die Dichterin gerade, tief versunken, das Versmass eines Gedichtes ab. Sapphos grosses Thema ist die Liebe – und die Verehrung für die Liebesgöttin Aphrodite
STARK VERWITTERTE BRONZE
Bourdelle beschäftigte sich mehrere Male mit seiner Sappho-Komposition. Eine erste Fassung, nur 28 cm gross, entstand 1887. 1924 realisierte Bourdelle eine Bronze von 70 cm Höhe. Im Jahr darauf dann die in 7 Güssen existierende monumentale Bronze. Das im Kunsthaus aufbewahrte, überlebensgrosse Exemplar von 1925 weist das typische Erscheinungsbild einer Aussenbronze auf, wie es sich über viele Jahre im Freien aufgestellt, entwickelt. Dabei wechseln sich auffallend grüne und schwarze Bereiche ab. Es handelt sich um Kupferkorrosionsprodukte, mehrheitlich basische Kupfersulfate und Schmutzauflagen. Grüne Korrosionsprodukte liegen kristallin, körnig, teilweise auch puderartig, ohne starken Verbund zum Untergrund auf. Die schwarzen Teilchen hingegen sind glatt und sehr hart mit der Oberfläche verbunden. Sie liegen inselartig verteilt auf dem grünen Grund auf. Bei der genauen Betrachtung fällt auf, dass die Oberfläche verschiedene Niveaus aufweist. So liegen die hellgrünen, manchmal ins bläuliche changierenden Korrosionsprodukte etwas tiefer – ein Zeichen, dass die Oberfläche bereits an Schichtdicke verloren hat. Denn im städtischen Klima bilden sich zusammen mit der Feuchtigkeit mitunter saure Lösungen, die den Aufbau einer kompakten und passivierenden Oberfläche verhindern. So wundert es nicht, dass sich tiefe Laufspuren über die Jahrzehnte auf der Oberfläche ausbilden.
DURCHGEFÜHRTE MASSNAHMEN
Nach der Untersuchung der Oberflächenbeschaffenheit begann die vorsichtige Nassreinigung der Oberfläche, um lose aufliegende Verschmutzungen zu entfernen. Dabei kamen Kunststoffbürsten, Wasser und ein leichter nichtionischer Tensid-Zusatz zum Einsatz. Durch die Benetzung der Oberfläche mit Wasser entsteht eine Tiefenwirkung, die ein klareres Bild der Oberfläche als im trockenen Zustand wiedergibt. Dabei wurde sichtbar, dass es sich bei den braunen Auflagen um Reste einer Grundierungsschicht oder einen Anstrich handeln muss, denn Pinselstriche sind deutlich zu erkennen. Zusätzlich konnten Reste von golden glänzenden Bereichen auf dieser Schicht ausgemacht werden, die wir als «Fassungsreste» bezeichnen. Noch offene Fragen zu diesem Oberflächenphänomen werden mithilfe von Probenentnahmen gelöst, die am SIK–ISEA (Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft) analysiert werden. Nach entsprechenden Vorversuchen und dem Reinigen mit weichen Bürsten folgte inzwischen die Reinigung mit heissem Wasserdampf und leichtem Druck. Damit konnten fest anhaftende Schmutzpartikel und Schadstoffe aus der Luft besser aus der Oberfläche gelöst werden. An Stellen, wie z.B. Hinterschneidungen bildeten sich dickere und härtere Sinter- und Schmutzkrusten. Diese konnten nur mechanisch mit dem Skalpell vorsichtig reduziert werden. Damit wurden die Niveauunterschiede der Oberfläche ausgeglichen. Im Gesamten waren es jedoch nur wenige Flächen, die so bearbeitet wurden. Die grün korrodierten Bereiche wurden bei der Oberflächenreinigung mechanisch nicht bearbeitet, da man sich dort schon unter dem originalen Oberflächenniveau befindet.
NACHWACHSENDER «SELBSTSCHUTZ»
Aus diesem Grund wurde neben ästhetischen Aspekten eine Konservierung der Oberfläche auf Wachsbasis durchgeführt. Diese schützt die Oberfläche langfristig nicht nur gegen Witterungseinflüsse und Vandalismus, sondern ermöglicht auch das «Nachwachsen» einer stabilen, sich selbst heilenden und schützenden Bronzeoberfläche. Zur Verwendung kam dabei das mikrokristalline Wachs Cosmoloid H 80 mit einem hohen Schmelzbereich. Es wird in Siedegrenzbenzin gelöst aufgetragen und heiss in die Oberfläche eingeschmolzen. Damit ist ein dauerhafter Schutz gewährleistet, der jedoch nur bei regelmässiger Wartung aufrechterhalten werden kann.
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