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Kunst aus sie

Kunst aus sieben Jahrhunderten auf der 83. Kunst & Antiquitäten München

Kunst aus sie

Seit Jahrzehnten ist die Kunst & Antiquitäten München ein Sammlermagnet. Hier trifft Barock auf Bauhaus und Bijouterie auf Alpenchic. Hier ist man herrlich münchnerisch und doch ganz international. Eine Biedermeier-Kommode aus ehemaligem Wittelsbacher Besitz aus Schloss Tegernsee bei Axel Schlapka gehört ebenso zum Angebot der 83. Kunst & Antiquitäten München (23. Oktober bis 1. November) wie ein chinesischer Hufeisenstuhl des 19. Jahrhunderts bei Brigitte Martini. Süddeutsche Möbelkunst demonstriert Galerie Keul mit einem barocken Tabernakelsekretär von 1750, und ein venezianischen Grottenstuhl steht für das Profil von Maximilian Fritz und seinen Phantasiemöbeln.

Dass sich der „Nockherberg“ immer wieder als Messe erweist, auf der für Bayerns Kunstgeschichte bedeutende Arbeiten zu entdecken sind, belegt das vom Kunsthandel Wittmann angebotene, um 1600 entstandene Gemälde „Maria mit Kind“ von Matthias Kager, der u.a. an der Ausstattung der Münchner Residenz beteiligt war. Matthias Wittmann konnte das Gemälde des Hofmalers Maximilan I. erst vor wenigen Wochen durch Vergleiche mit Zeichnungen aus Pariser Beständen eindeutig zuweisen. Die Malerei der „Münchner Schule“ um 1900 ist bei Galerie Weiss vertreten, u.a. mit Gemälden von Philipp Röth, der durch Landschaften aus dem Dachauer Land hervorgetreten ist, sowie von Paul Paede, dessen impressionistische Frauenakte eine Nähe zu Leo Putz erkennen lassen.

Überregionale Attraktivität bezieht die Kunst & Antiquitäten, auf der 65 Kunsthändler und Galeristen ausstellen, von jeher aus der Spannung zwischen Hochkarätigem und Liebhaberstücken. Eines der reizendsten Gemälde ist eine niederländische „Musizierende Gesellschaft“ aus dem 17. Jahrhundert bei Nikolaus Fink, während Kunst- und Wunderkammerspezialist Peter Wachholz diesmal mit einem anatomischen Gesichtsmodell von 1910 das neue Interesse für historische medizinische Lehrmittel bedient. Zeitlich umspannt das Angebot mehr als 700 Jahre. Wohl eines der ältesten Exponate ist ein spätgotisches, fränkisches Relief mit einer Ölbergszene von 1490 (Kunsthandel Schmidt- Felderhoff), knapp 200 Jahre später entstand ein farbprächtiger Annaberger Steinzeugkrug (Herold Neupert). Vorwiegend aus dem 19. Jahrhundert stammen die Holzkästchen und Tea Caddies am Stand von The Box Shop und exakt im Jahr 1929 wurde das 15teilige Teeservice für das Passagierschiff „Bremen“ hergestellt, das der auf Ausstattungen von Luxuslinern und -hotels spezialisierte Antiquitätenhandel Wanders mitbringt. Kontraste bietet das Silberangebot. Während sich Wilfried Baaten vor allem auf altes Silber - wie etwa eine baltische Schmandkanne von 1796 aus Reval - konzentriert, liegt der Schwerpunkt der Erstausstellerin Anat Isman-Fänder auf modernem Silber des 20. und 21. Jahrhunderts, darunter eine Teekanne aus der dänischen Silberschmiede Frantz Hingelberg, aber auch ein futuristisches Leuchterpaar von 2006 der spanischen Silberkünstler Paloma und Juan Garrido. Ebenfalls zu den Erstausstellern zählt das Münchner Teppichhaus Saemmer, das vor allem als Adresse für alte chinesische Teppiche einen Ruf hat und dies u.a. mit einem gut 100 Jahre alten indigoblauen Paotou aus der Innere Mongolei unter Beweis stellt. Ungebrochen ist das Interesse an Kunsthandwerk und Einrichtungen des Jugendstil und der Klassischen Moderne. Ein außergewöhnliches Beispiel für die französische Glaskunst um 1900 ist die Vase „Pavot d’Orient von Daum Frères aus Nancy, die von Galerie Brigantine 1900 angeboten wird, die zudem mit Franz von Stucks legendärer „Amazone“ von 1904, mit einem Bugatti-Schreibtisch und mit einem großen Keramik-Putto von Michael Powolny ihr breites Spektrum und ihre hohe Qualität unterstreicht. Vom Aufbruch in die Moderne zeugen auch die französischen Künstlerkeramiken von Auguste Delaherche oder Adrian Dalpayrat bei der Galerie Zeisner sowie eine breite Palette an Jugendstilschmuck bei Borsdorf Fine Art, deren Angebot von brillanten Entwürfen aus Pforzheimer Schmuckfabriken bis hin zum hochkarätigen Einzelstück reicht.

Unverwechselbar bleibt die Messe durch ihre münchnerisch-bayerische Note. Highlights der alpenländischen Antiquitäten sind ein Tölzer Truhenschrank von 1758 sowie ein Irschenberger Vierjahreszeitenschrank aus dem frühen 19. Jahrhundert bei Sievert Antiquitäten, aber auch die miniaturhafte Nachbildung einer Gemäldehandlung (Antiquitäten Pachmann), die der Oberammergauer Schnitzer Guido Postinger um 1940 realisierte, sowie Klosterarbeiten und Emailgläser aus dem 18. Jahrhundert aus dem Angebot Karl Heinz Hiermeiers bringen blau-weißes Kolorit auf den Nockherberg. Einen Hauch von Exotik verströmen die Exponate der Galerie Sandvoss, die auf alte Kunst aus Japan und China spezialisiert ist und die mit einem Glückshammer des Gottes Daikoku (19. Jh.) ein Beispiel ganz weltlicher Sehnsüchte in der Religion Japans nahe bringt, und die des Tibetika-Spezialisten Karl-Heinz Schlotter.

Neue Perspektiven eröffnet die Sektion Kunst auf Papier. Zehn namhafte deutsche Zeichnungshändler und Antiquare (vgl. KunstAufPapier.jpg) offerieren Arbeiten von Maria Sibylla Merian über Chodowiecki und Kobell bis hin zu Pissarro und Matisse. Von besonderem Reiz sind zweifellos die zwei, um 1846 aquarellierten Interieurs der - Goethe und Schiller gewidmeten - Dichterzimmer im Weimarer Schloss von Carl Maria Hummel, die bei der Galerie Joseph Fach zu haben sind.

83. Kunst & Antiquitäten München, 23. Oktober bis 1. November 2010 im Festsaal des
Paulaner am Nockherberg, München, Hochstraße 77, täglich von 11-19 Uhr
geöffnet, Mittwoch bis 21 Uhr , Eintritt: 9 €, ermäß. 6 €, www.kunst-
antiquitaeten.de

Münchner Antiquitätenmarkt e.V., Oeden 10, 83530 Schnaitsee, T: 08628 - 987 407


Messe






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  • Anatomisches Modell der Lehrmittelwerke Berlinische Verlagsanstalt, Pappmaché um 1910.
Foto: Kunstkammer Wachholz
    Anatomisches Modell der Lehrmittelwerke Berlinische Verlagsanstalt, Pappmaché um 1910. Foto: Kunstkammer Wachholz
    Münchner Antiquitätenmarkt e.V.
  • Gerard Pietersz van Zyl zugeschr, Musizierende Gesellschaft, Öl auf Holz, um 1700, 40 x 30
cm. Foto: Kunsthandel N. Fink
    Gerard Pietersz van Zyl zugeschr, Musizierende Gesellschaft, Öl auf Holz, um 1700, 40 x 30 cm. Foto: Kunsthandel N. Fink
    Münchner Antiquitätenmarkt e.V.
  • Aufsatzvitrine, deutsch, um 1820, Kirschbaum und im Geheimfach signiert. Foto: Kunsthandel Martini
    Aufsatzvitrine, deutsch, um 1820, Kirschbaum und im Geheimfach signiert. Foto: Kunsthandel Martini
    Münchner Antiquitätenmarkt e.V.
  • Foto: Antiquitäten Prechtl Mohr als Kerzenleuchter, Venedig, Mitte 19. Jh., H: 140 cm.
    Foto: Antiquitäten Prechtl Mohr als Kerzenleuchter, Venedig, Mitte 19. Jh., H: 140 cm.
    Münchner Antiquitätenmarkt e.V.
  • Silberne Teekanne, Franzt Hingelberg, Dänemark, um 1935. Foto: Galerie Isman-Fänder
    Silberne Teekanne, Franzt Hingelberg, Dänemark, um 1935. Foto: Galerie Isman-Fänder
    Münchner Antiquitätenmarkt e.V.
  • Grottenstuhl, Venedig, um 1890. Foto: M. Fritz-Alte Dekorationen
    Grottenstuhl, Venedig, um 1890. Foto: M. Fritz-Alte Dekorationen
    Münchner Antiquitätenmarkt e.V.