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Erlesene Vielf

Erlesene Vielfalt der Bibliophilie auf der 50. Stuttgarter Antiquariatsmesse

Erlesene Vielf

„Les liaisons dangereuses“ präsentiert Hellmut Schumann in der ersten illustrierten Ausgabe von Choderlos de Laclos’ frivolem Briefroman, einem der bedeutendsten und berühmtesten Werke französischer Literaturgeschichte (17.000 €). Am Stand von Herbert Blank regiert dagegen die „eiserne Hand“ mit Goethes noch anonym herausgegebenem äußert seltenen „Götz von Berlichingen“ in der Erstausgabe (19.000 €). Die Märchen der Gebrüder Grimm, von David Hockney illustriert, rücken die traditionelle Literatur in eine moderne Perspektive. Die mit 39 Radierungen versehene und auf 100 Exemplare limitierte Ausgabe zeigt Peter Kiefer (11.000 €).

In der Moderne brillieren Günter Linke, KaraJahn und die Galerie Valentien mit reizvollen Seltenheiten wie der „Bauhauspostkarte Nr. 15“ von Ludwig Hirschfeld-Mack (Linke 4.800 €), der vollständigen Sammlung der legendären Zeitschrift „Die neue Linie“ (KaraJahn 32.000 €) und Jean Dubuffets „La Métromanie“, erschienen 1949 in Paris (Galerie Valentien 3.800 €). Die Avantgarde in Holland und Ungarn repräsentieren ein komplettes Exemplar der Internationalen Revue „I-10“ (Abeceda 14.500 €) und Lajos (Ludwig) Kassaks „MA-Buch“ (Linke 4.800 €). Mit bibliophilen Ausgaben des Futurismus und der ungarischen Avantgarde debütiert auch der Budapester Antiquar Zoltán Földvári 2011 in Stuttgart, während Die Schmiede zur 50. Stuttgarter Antiquariatsmesse Feigls Zeichnung „Franz Kafka liest den ‚Kübelreiter‘“ zeigt (5.500 €).

Einen farbigen Kontrapunkt setzen wie immer die Kinderbuchillustrationen, wovon Sabine Keune, Winfried Geisenheyner und Robert Wölfle gesuchte Originalvorlagen präsentieren: Eugen Osswalds Gouachen „Gans und Katze, Ziege und Schwein, zwei Dachse“ (Wölfle 2.400 €) und Löhrs „Tändeleyen und Scherze für unsere Kinder“ in einem wundervoll kolorierten Originaleinband (Geisenheyner 2.400 €). Wer angesichts solch erlesener Vielfalt denkt „Nichts wie weg!“, kann kein Bibliophiler sein, es sei denn, er hat Löfflers Tuschezeichnungen am Stand von Sabine Keune entdeckt, die der Künstler der Wiener Sezession als Originalvorlagen zu den Versen der „Schwäbischen Tafelrunde“ fertigte (2.200 €). Löfflers Gestalten fliehen aus dem Bild. Wohin? In die Südsee?

Menschenköpfe aus der Südsee, Drohbriefe von Menschenfressern

Wer im mitteleuropäischen Schneechaos an Flucht in sonnige Gefilde denkt, wird bei den traditionsgemäß hochkarätig bestückten Spezialisten für Reiseliteratur und Naturwissenschaften fündig, oder er unternimmt eine graphische Reise nach Rom mit einer beeindruckenden Folge von Veduten, die das Antiquariat Schreyer anbietet. Als „Wetterwarnung“ zeigt Franz Siegle dazu eine interessante Reihe früher meteorologischer Beobachtungen, in denen es um Schäden durch „schreckliche Wasser-Ergießungen“ und „entsetzliche Eiß-Fahrten“ geht.

Wurden die Batak von den „tuan“, ihren weißen Kolonialherren, nicht angemessen entlohnt, ritzten sie Drohbriefe in Bambusröhren, deren besondere Brisanz wohl darin lag, dass die Batak Kannibalen waren. Deren „Pustaha“, reich illustrierte handgeschriebene „Zauberbücher“, dienten den Priestern als Nachschlagewerk und Notizbuch. Brockhaus / Antiquarium präsentiert damit eines der ausgefallensten Objekte auf der Antiquariatsmesse 2011 (3.000 €).

Von den Menschenfressern zu den Menschenköpfen: Bei Michael Banzhaf wird ein Artefakt zur Völkerkunde des Pazifikraumes besonderes Aufsehen erregen. Das „Ethnographische Tableau von Menschenköpfen von Bewohnern verschiedener Südseeinseln“ wurde aus bemalter Papiermasse geformt, unter Aufsicht Karl Ernst Ritter von Baers, der durch sein um 1860 in St. Petersburg veröffentlichtes (beiliegendes) Werk „Types principaux des différentes races humaines“ den frühen Versuch einer weltumspannenden Darstellung der Menschenrassen lieferte. Das „Tableau“ galt bislang als verschollen (35.000 €).

Mit Abel Aubert Du Petit-Thouars „Voyage autour du monde sur la frégate la Vénus“ zieht bei Ralf Eigl eines der seltensten Pazifik-Werke die Blicke auf sich (89.000 €). Die gesuchte handkolorierte Subskribentenausgabe von David Roberts „The Holy Land, Syria, Idumea, Arabia“, ebenfalls am Stand von Eigl, überzeugt durch die wundervollen lithographischen Tafeln, die in der Forschung ob ihrer „unübertroffenen Brillanz“ gerühmt werden (92.000 €). Über Turkestan berichtet Sir Marc Aurel Stein in seinem 1907 in nur 300 Exemplaren veröffentlichen „Detailed Report of Archaelogical Exploration in Chinese Turkestan“ (Schwarzfischer 25.000 €).

Bibliophile Superlative bieten seit 50 Jahren die naturkundlichen Tafelwerke auf der Stuttgarter Antiquariatsmesse, wie etwa Shelleys „Monograph of the Nectariniidae, or family of Sun-Birds“, dessen farbenprächtige Tafeln von dem im 19. Jahrhundert überragenden Vogelmaler W. Hart koloriert wurden (Neidhardt 18.000 €), Schneevogts „Icones Plantarum Rariorum“, das zu Recht zu den schönsten Blumenbüchern zählt (Neidhardt 18.000 €), oder Goulds klassisches Werk „Birds of Europe” aus den Jahren 1832 bis 1837: mit 448 kolorierten Lithographien ein Höhepunkt ornithologischer Illustrationskunst (Kiefer 95.000 €).

Vexierbücher und Venezianische Buchkunst


Messe






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