Die Schenkunge
Die Schenkungen von Eduard Cichorius an die Dresdener Galerie
-
Ausstellung20.09.2007 - 09.03.2008
Dem Ludwig- Richter- Freund und –Sammler zum 100. Todestag. In der vierten Folge der Ausstellungsreihe »Die Galerie Neue Meister zu Gast im Semperbau«, die während der Schließung des Albertinums ausgewählte Bestände der Sammlung zugänglich machen will, steht nicht ein bestimmter Künstler im Mittelpunkt, sondern diesmal ein bedeutender Kunstsammler, der sich besondere Verdienste um die Dresdener Galerie erworben hat. Aus Anlass des 100. Todestages von Eduard Cichorius werden jene elf Gemälde im Zusammenhang gezeigt, die der Privatsammler in den Jahren 1903 bis 1906 der öffentlichen Sammlung schenkte.
Der besondere Rang dieser Schenkung erweist sich schon darin, dass nicht weniger als sechs der insgesamt elf Bilder von Ludwig Richter, über die das Museum heute verfügt, aus dieser Schenkung stammen, ebenso wie sämtliche drei Gemälde von Joseph Anton Koch, die noch immer den gegenwärtigen Bestand bilden. Hinzu kommen zwei kleinformatige Werke niederländischer Meister des 17. Jahrhunderts, die jetzt zur Gemäldegalerie Alte Meister gehören. Eduard Cichorius (1819 – 1907) entstammte einer wohlhabenden Leipziger Kaufmannsfamilie und verfügte über ein beträchtliches Vermögen aus dem Erbe des früh verstorbenen Vaters.
Gegen Mitte der 1850er Jahre begann er mit dem Aufbau einer Kunstsammlung, die sich rasch auf die Zeichenkunst der deutschen Romantik konzentrierte und in deren besonderem Mittelpunkt das Werk von Ludwig Richter stand. Durch zahlreiche Erwerbungen aus dem Kunsthandel und durch Ankäufe unmittelbar von den Künstlern, die er auf solche Weise fördernd unterstützte, gelang es ihm innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeit, eine der bedeutendsten Sammlungen auf diesem Gebiet zusammenzubringen. Allein von Ludwig Richter besaß Cichorius über 900 Zeichnungen. Eduard Cichorius war nicht nur ein leidenschaftlicher Kunstsammler und ein kenntnisreicher Kunstfreund, sondern ebenso ein verständiger Freund von Künstlern, mit denen er gern in näheren Gedankenaustausch trat. Unter seinen Künstlerfreunden, denen er sich besonders verbunden wusste, sind Ludwig Richter und Julius Schnorr von Carolsfeld hervorzuheben.
Für Richter, dessen Lebensweg und künstlerische Laufbahn er seit dem persönlichen Kennenlernen Mitte der 1850er Jahre über weite Strecken begleitet hatte, gab Cichorius offenbar auch den entscheidenden Anstoß zur Niederschrift von dessen LEBENSERINNERUNGEN EINES DEUTSCHEN MALERS, mit denen der Künstler nach ihrer ersten Veröffentlichung 1885 bald ebenso bekannt geworden ist wie mit seinem eigentlichen Werk. Julius Schnorr von Carolsfeld hingegen, dessen berühmtes LANDSCHAFTSBUCH mit den Zeichnungen aus Schnorrs italienischer Zeit Eduard Cichorius 1867 für seine Sammlung erwerben konnte, regte er zu jenen ZWÖLF BRIEFEN ZUM LANDSCHAFTSBUCH an, in denen der Künstler für den Sammler persönliche Erläuterungen zu diesen Bäättern wie auch seinem Entwicklungsgang gab. Cichorius pflegte ebenso den Umgang mit namhaften Kunstgelehrten seiner Zeit; eine langjährige, enge Freundschaft verband ihn insbesondere mit Max Jordan, der 1874 erster Direktor der neubegründeten Berliner Nationalgalerie wurde und zuvor das Museum in Leipzig geleitet hatte. Nachdem Eduard Cichorius bereits in jungen Jahren ausgedehnte Reisen durch Europa unternommen hatte, verbrachte er auch später sein Leben an häufiger wechselnden Aufenthaltsorten.
Nach der Heirat mit Marie Jäggi 1856 nahm er seinen Wohnsitz an deren Heimatort Solothurn in der Schweiz, reiste aber von dort aus regelmäßig nach Leipzig, wo er weiterhin über eine Wohnung verfügte, sowie immer wieder nach Dresden und Loschwitz. Von der Schweiz aus, deren Bergwelt er gern durchstreifte, unternahm er mit seiner Frau lange Reisen nach Italien und Südfrankreich. Als sein Schwager Bernhard Hammer, in dessen Villa »Waldheim« in Solothurn das Ehepaar Cichorius seit 1863 gewohnt hatte, von 1868 bis 1876 schweizerischer Gesandter in Berlin war, hielt sich Cichorius wiederholt und mitunter über längere Zeit in dessen repräsentativer Berliner Wohnung auf, die er selbst mit Gemälden, darunter eines von Ludwig Richter, ausgestattet hatte. In seinem letzten Lebensdrittel wandte sich Cichorius dann Dresden, der Kunst- und Kulturstadt an der Elbe, dauerhafter zu.
Für mehr als drei Jahrzehnte wurde nun das Hotel »Stadt Berlin« am Neumarkt 1, unweit der Frauenkirche gelegen, zu seiner ständigen Adresse, wo er mehrere Zimmer gemietet hatte, Gäste empfing und gern auch seine Sammlung gemeinsam mit interessierten Kunstfreunden betrachtete. An diesem langjährigen Wohnort seiner späten Jahre ist Eduard Cichorius am 16. Oktober 1907 im Alter von 88 Jahren gestorben. Durch seinen Kenntnisreichtum und durch den einzigartigen Umfang seiner Ludwig-Richter-Sammlung ist Cichorius bereits zu Lebzeiten so etwas wie eine feste Institution in der frühen Richter-Forschung geworden, die ihm sowohl unverzichtbare Grundlagen als auch wertvolle Hinweise verdankte. Zudem suchte er schon zeitig monographische Veröffentlichungen über Joseph Anton Koch und Julius Schnorr von Carolsfeld zu befördern. Der von Qualität und Umfang her einmalige Bestand an Gemälden Ludwig Richters in der Dresdener Galerie ist gar nicht denkbar ohne die leidenschaftliche Sammeltätigkeit und die großzügigen Stiftungen von Eduard Cichorius.
- << Saiten Tasten Sounds
- zurück | vor
- Die Kleine Nationalgalerie >>