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Francesco Clemente

  • Ausstellung
    27.07.2022 - 30.10.2022
    Albertina »

Savinios Text steckt voller verschrobener Gedanken und kultureller Bezüge, verwendet aber auch eine bildreiche Sprache. Die Illustrationen Clementes geben diese jedoch nicht direkt wieder, sondern vermitteln Überlegungen zu Fokus, Bewegung, Symmetrie und Wachstum. Selbstporträts und Masken deuten auf innere Visionen und geistige Arbeit hin. Die Textseiten sind farbig gedruckt, die Lithografien dagegen in Schwarz und Weiß. Die hier gezeigte Werkgruppe besteht sowohl aus Lithografien als auch aus Zustandsdrucken und beschreibt den kreativen Prozess, der beim Zustandekommen des Buches im Spiel war.

CANDOMBLÉ
Diese Werkgruppe umfasst das großformatiges Gemälde Kreuz des Südens und die zwölf Pastelle aus dem Terreiro. Das Gemälde verdankt seinen Titel dem Sternbild der südlichen Hemisphäre aus fünf Sternen, die ein Kreuz bilden. Dieses Sternbild ist in vielen Ländern bedeutsam, so auch in Brasilien. Das Werk zeigt in Nahaufnahme zwei Paar Hände, die sich an Zeigefingern und Daumen halten und so zu einer Sternform verbunden sind. Clemente malt das Bild im Anschluss an eine Reise nach Brasilien, während der er in die Rituale des Candomblé eingeführt wird.

Dabei handelt es sich um eine mündlich überlieferte afrobrasilianische Religion, die in Salvador de Bahía im nördlichen Teil des Landes entstand und heute auch Anhänger in anderen Ländern Lateinamerikashat. Der Kult entwickelte sich aus afrikanischen animistischen Traditionen, die von den Sklaven portugiesischer Kolonialisten schon im 16. Jahrhundert nach Brasilien gebracht wurden. Seine synkretistischen Glaubensinhalte umfassen aber auch christliche und indianische Leitgedanken. Die Praktizierenden glauben an Olorun, den höchsten Schöpfer, dem eine Gruppe weniger bedeutender Gottheiten, die sogenannten Orishas, dienen. „Terreiro“ werden die Tempel des Candomblé genannt, in denen aus zwei Teilen bestehende Rituale stattfinden: Zunächst halten sich nur die Priester und Initiierten darin auf, die die Kostüme anfertigen und den Raum mit Papierwimpeln und Girlanden in den Lieblingsfarben der Orishas schmücken. Der zweite Teil des Rituals ist für die Öffentlichkeit zugänglich. Es wird getanzt, und ein Festmahl mit Tieropfern findet statt. Musik und Tanz sollen es den Tänzern ermöglichen, von den Orishas besessen zu werden.

Die Pastelle aus dem Terreiro sind in einem Rotbraun gehalten, das wohl in der Zeremoniebevorzugt wurde, der Clemente beiwohnte. Die Bildfolge ist eher abstrakt, sie zeigt Gesichter ohne Augen, verzierte Krüge, ein Chamäleon, einen von Lichtkreisen bedeckten Tänzer, ein Netz, ein volles Glas und eine schwarze Hand, die eine weiße hält.

Selbstporträts in Weiß, Rot und Schwarz
Für Clemente sind Weiß, Rot und Schwarz Primärfarben. Sie sind mit Symbolik aufgeladen und stellen Licht, Schatten und Blut oder Leben dar. Die Selbstporträts zeigen den Künstler in merkwürdigen Situationen, immer in einem Zustand der Verwandlung. Es sind keine Spiegelbilder, sondern eher der Beweis für einen permanenten Zustand von Bewusstheit und Wiedergeburt. In einem Bild wächst ein Dorf aus dem Kopf des Künstlers, und aus den Häusern ragen Angelruten, an denen Fische hängen. In einem anderen Bild atmet der Künstler durch einen Schnorchel, während über seinem Kopf Diamanten an Angelhaken baumeln, oder er blickt vom Mond aus mit riesengroßen Augen erwartungsvoll auf die Erde.

SELBSTPORTRÄTS
Das Selbstporträt spielt für Francesco Clemente eine wichtige Rolle. Er hat sich selbst in allen erdenklichen Positionen, Haltungen und Verkleidungen und bei allen möglichen Tätigkeiten gemalt und gezeichnet. Es geht ihm allerdings dabei nicht nur um die Darstellung, sondern zugleich auch um Bewusstsein und Seele. So sind seine Augen immer größer, als sie sein sollten: Sie wirken wie Eingänge in oder Ausgänge aus seinem Körper. Das Gemälde Selbstporträt mit Augen zeigt den Künstler als entspannt daliegenden Akt. Sein Körper ähnelt einer hügeligen Landschaft vor dunklem Hintergrund. Die Sexualorgane sind deutlich zu sehen, ebenso eine behaarte Achsel, Brustwarzen und Bauchnabel, doch ist es eher ein intimes denn ein erotisches Bild. Die Augen sind weit geöffnet, nach draußen gerichtet. In der rechten Hand hält er eine Art Kärtchen, auf der ein drittes Auge abgebildet ist. Augen sind ein Symbol der Intelligenz, und das dritte Auge symbolisiert das Göttliche. Augen, die sich nicht an ihrem gewohnten Platz befinden, gelten üblicherweise als ein Verweis auf Hellsichtigkeit. Drei weitere Zettelchen, auf denen nichts beziehungsweise von denen nur die Rückseite zu sehen ist, sind auf dem Skrotum und den Beinen des Künstlers zu liegen gekommen; ein letztes scheint von dem über den Bildrand hinausragenden Arm getragen zu werden.






  • 27.07.2022 - 30.10.2022
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    Täglich 10.00 bis 18.00 Uhr
    Mittwoch 10.00 bis 21.00 Uhr

     

    Erwachsene 11,90



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  • Francesco Clemente Hermaphrodite, 1985 Gouache auf handgefertigtem pondicherry Papier ALBERTINA, Wien – The JABLONKA Collection © Francesco Clemente
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  • Francesco Clemente Self-Portrait in White, Red and Black I, 2008 Pastell auf Papier ALBERTINA, Wien – The JABLONKA Collection © Francesco Clemente
    Francesco Clemente Self-Portrait in White, Red and Black I, 2008 Pastell auf Papier ALBERTINA, Wien – The JABLONKA Collection © Francesco Clemente
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  • Francesco Clemente Self-portrait with eyes, 2002 Öl auf Leinwand ALBERTINA, Wien – The ESSL Collection © Francesco Clemente
    Francesco Clemente Self-portrait with eyes, 2002 Öl auf Leinwand ALBERTINA, Wien – The ESSL Collection © Francesco Clemente
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