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Kunst im Blick Fotografien von Eberhard Fischer um 1970 aus Westafrika und Indien

Die Faszination für aussereuropäische Kulturen an der Schnittstelle zwischen Kunst und Ethnologie ist tief verankert in der Familie von Eberhard Fischer. Als Sohn des Heidelberger Kunstethnologen Hans Himmelheber (1908–2003) nahm der ehemalige Direktor des Museums Rietberg 1960 im Alter von 18 Jahren zum ersten Mal an einer Forschungsreise seines Vaters nach Liberia teil. Nach Abschluss seines Ethnologiestudiums in Basel im Jahr 1965 führte ihn die kunstethnologische Forschung nach Indien. Im Gepäck fand sich seine Kamera, sein vom Vater geprägter kunstethnologischer Blick und das universale Kunst- und Technologieverständnis seines akademischen Lehrers Prof. Alfred Bühler. Auch bei zukünftigen Forschungsreisen – insgesamt wird er während seiner beruflichen Laufbahn mehr als fünf Jahre in Indien und Westafrika verbringen – würde ihn die Kamera als camera ethnographica begleiten. Sie war für ihn Arbeitsinstrument für kunstethnographische Dokumentationen und gleichzeitig diente sie ihm als Mittel, gegen das von ihm empfundene Verschwinden von und für das Erinnern an Kulturen anzufotografieren. Das Ergebnis ist ein bemerkenswertes Fotoarchiv mit 35 000 Schwarz-Weiss-Bildern.

Anlässlich des 80sten Geburtstages von Eberhard Fischer zeigt die Ausstellung frühe Fotografien aus dem Archiv und verortet diese im historischen Kontext ihrer Entstehung. Sie wirft Fragen zu ethnologischen Forschungsmethoden, der Kamera als dokumentarisches und ästhetisierendes Instrument und der Entwicklung eines kunstethnologischen Blickes auf. Insbesondere möchte die Ausstellung Debatten und Paradigmen nachspüren, die den Blick des Kunstethnologen anleiteten und seine Vorstellung von Kunst prägten.

Teilnehmende Beobachtung galt als zentrale Forschungspraxis in der Ethnologie der 60er Jahre. Die Fotografien geben uns einzigartige Einblicke in ein kunstethnologisches Projekt, an dem westafrikanische Maskenschnitzer und europäische Ethnologen gleichermassen beteiligt waren. Gleichzeitig bebildern sie die kunstethnologische Blickschulung Fischers, die in Westafrika ihre Anfänge hatte. Die Ausstellung schlägt den Bogen zu Themen und Debatten um Kunsthandwerk in Indien in den 60er Jahren. Für die Blickschärfung und die weitere Arbeit des Kunstethnologen waren diese wegweisend. Aussergewöhnlich ist hier der Einsatz der Kamera für das Fotografieren von scheinbar banalen Gebrauchsgegenständen im «Feld»: In vielen Fotografien setzte Fischer die Objekte so in Szene, als seien sie für einen Museumskatalog bestimmt. Die Bilder illustrieren seinen Beitrag zur Ästhetisierung von indischem Kunsthandwerk und zeichnen die kulturelle Verflechtungsgeschichte der Arts and Crafts-Bewegung nach.

Die fotografischen Serien aus dem Jahr 1969 widmen sich alltäglichen und rituellen Handlungen einer Adivasigruppe in Indien. Adivasi bezeichnet eine ausserhalb des hinduistischen Kastensystems stehende Bevölkerungsgruppe. Das Projekt zur Dokumentation ihrer Alltags- und Ritualkunst unternahm Fischer gemeinsam mit dem indischen Künstler Haku Shah (1934–2019). Anknüpfend an seine Arbeit in Westafrika setzte Fischer auch hier die Methode der teilnehmenden Beobachtung ein. Gleichzeitig diente ihm, ebenso wie in seiner Studie zu indischem Kunsthandwerk, die Kamera als Mittel zur Ästhetisierung von Alltagsobjekten. Eindrückliche Fotoserien geben Aufschluss über Fischers Blick auf und Vorstellung von Kunst: Sogar das Herstellen von Teigwaren ist für ihn ein im weitesten Sinne kunsthandwerklicher Prozess.






  • 09.11.2021 - 24.04.2022
    Ausstellung »
    Museum Rietberg »

    Heute

    10–17 Uhr
    Ort

    Smaragd

    Preis

    CHF 18 / CHF 14 reduziert



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