Innenleben. Njideka Akunyili Crosby, Leonor Antunes, Henrike Naumann, Adriana Varejão
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Ausstellung29.11.2019 - 29.03.2020
In Adriana Varejãos (*1964 in Rio de Janeiro, Brasilien) Werk geht es nicht nur um die Präsenz der von Gewalt geprägten Kolonialgeschichte Brasiliens. Ihre vielschichtigen, anthropologisch informierten Arbeiten spiegeln den transnationalen Austausch, verweisen mit Bezug auf die exotisierenden Kannibalismus-Fantasien des Westens auf Formen der Einverleibung und Umformung unterschiedlichster kultureller Einflüsse, auf denen das moderne Brasilien fußt. Durch ihre vielgestaltigen, unter anderem von der Architektur des Barock inspirierten Arbeiten zieht sich die Keramikfliese als wiederkehrendes formales Element. Was optisch als bemalte Kachel nach der Art, wie sie während der arabischen Herrschaft in Spanien von marokkanischen Handwerkern gefertigt wurde, erscheint, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als auf Leinwand gemalt. Vielfach verwendet Varejão das Motiv der Mauer, der Grenze zwischen Innen und Außen. Dennoch zeugen ihre imposanten Skulpturen ebenso wie ihre Zeichnungen und teilweise in den Raum greifenden Ölgemälde von Durchlässigkeit. Die Werke evozieren organische Kräfte, konfrontieren die Betrachterinnen und Betrachter mit physischen (Aus-)Brüchen und wecken dabei Assoziationen von Schmerz und Verwundbarkeit. Auch Varejão ist neben bereits existierenden Arbeiten mit drei Neuproduktionen eigens für die Ausstellung vertreten.
Die ausgebildete Bühnen- und Kostümbildnerin Henrike Naumann (*1984 Zwickau, Deutschland) beschäftigt sich in ihren Rauminstallationen mit der deutsch-deutschen Vergangenheit und rechtsextremer Ideologie. Sie erkundet dabei unter anderem, wie sich die Mechanismen der Radikalisierung in den eigenen vier Wänden manifestieren. Dabei hat ihr Interesse auch eine autobiografische Komponente: In Ostdeutschland aufwachsend erfuhr Henrike Naumann rechtsextreme Ideologie als dominante Jugendkultur der 1990er-Jahre. Ihre Installationen transformieren diese Erfahrungen in scharfsinnige Analysen.
Für das Haus der Kunst hat sie eine neue Rauminstallation (zu der auch eine neue Videoarbeit gehört) mit dem Titel „Ruinenwert“ entwickelt. Der Titel stellt den Bezug zu einer Rede von Albert Speer aus den 1930er-Jahren her; Speer hatte damals die Vorstellung geäußert, Repräsentationsbauten des faschistischen Deutschland sollten ihren Zeugnischarakter bis weit in die Zukunft, über ihre eigene Zerstörung hinaus bewahren. Ruinen und Burgen bilden für Neonazis heute Versammlungsorte und Kulisse ihrer Treffen. Gleichzeitig zitiert „Ruinenwert“ Hitlers Berghof am Obersalzberg, der wie das ehemalige ‚Haus der Deutschen Kunst‘ ein Repräsentationsbau der Nationalsozialisten war. Die versenkbaren Monumentalfenster in dessen Großer Halle gaben einst den Blick auf das Bergpanorama frei. An die Stelle des Alpenpanoramas tritt in Naumanns Installation, die die Besucher durch den nachgebildeten Kamin des Berghofs betritt, ein Ensemble aus gebrauchten Möbeln der 1990er-Jahre. Während in „Ruinenwert“ die Spuren der überdimensionalen Architektur der Nationalsozialsten mit kleinteiligen Details der ursprünglichen Inneneinrichtung des ‚Haus der Deutschen Kunst‘ zusammenfallen, führt die Arbeit auf beeindruckende Weise vor Augen, wie sich politische Ideologien und Machtstrukturen in Design, Dekoration und Inneneinrichtung manifestieren.
Inspiriert von der klassischen malerischen Darstellung von Innenräumen, (Wohn-)Zimmern, häuslichen oder repräsentativen Räumlichkeiten, dient der Innenraum allen vier Künstlerinnen als Ausgangspunkt, um wie ein Seismograf Nuancen der äußeren Welt aufzunehmen und das Innen in Relation zu einem komplexen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Außen zu setzen.
Kuratiert von Anna Schneider, assistiert von Dimona Stöckle
Anlässlich der Ausstellung erscheint im Dezember 2019 ein Katalog bei Prestel mit Essays von Briony Fer, Marietta Kesting, Lilia Moritz Schwarcz, Ugochukwu-Smooth C.Nzewi, Anna Schneider, und Interviews mit Njideka Akunyili Crosby, Leonor Antunes, Henrike Naumann und Adriana Varejão, geführt von Anna Schneider und Raphael Fonseca.
Im Rahmen der Ausstellung wurde in Zusammenarbeit mit der Porzellanmanufaktur Nymphenburg eine Edition von Leonor Antunes realisiert:
Leonor Antunes, „a set of tools by Günter Löscher“, 2019 Limitierte Auflage: 25 6 Nymphenburger Porzellan Objekte, maßangefertigte textile Verpackung 49x19mm, 50x30mm, 36x20mm, 50x30mm, 53x30mm, 42x30mm.
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29.11.2019 - 29.03.2020
Öffnungszeiten Täglich 10 – 18 Uhr
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