Arnulf Rainer
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Ausstellung27.09.2019 - 26.01.2020
Arnulf Rainer zählt zu den bedeutendsten und einflussreichsten Künstlern der Gegenwart. Am 8. Dezember feiert er seinen 90. Geburtstag – diesen Anlass greift die ALBERTINA auf, um ihn mit einer Hommage aus den reichen Beständen der eigenen Sammlung zu ehren. Präsentiert wird eine Auswahl an Schlüsselwerken und richtungsweisenden Werkgruppen. Sie veranschaulichen als zentrale Positionen die prinzipiell dialektische Grundhaltung des Künstlers. In sowie zwischen seinen Bildern entfaltet sich eine intensive Zwiesprache über malerische Qualitäten und grafische Linienstrukturen, eröffnen sich Dialoge über ein Ausloten von Fläche und Raum, zwischen Farbe und reduziertem Schwarz-Weiß, zwischen Fülle und Leere, Ruhe und Bewegung, Stille und Aufregung, zwischen Abstraktion und Figuration.
Die impulsiven abstrakten Zeichnungen treffen auf mit Farben und Flächen experimentierende Werke. Einen Schwerpunkt bilden die Übermalungen beziehungsweise Zumalungen, die der Künstler ab Mitte der 1950er-Jahre gestaltet und mit denen er international identifiziert wird. Arnulf Rainer wollte damit zunächst eine tief empfundene Leere füllen. Die Kreuzform, die das Vertikale und das Horizontale vereint, wird die für ihn typische und kennzeichnende Malfläche. Diese Form transportiert zahlreiche inhaltliche Bedeutungen wie Tod, Mysterium und Transitorik.
Einen weiteren Schwerpunkt der Präsentation bilden Arbeiten ab den Jahren 1968/69, in denen Rainer seine Gesichtsmimik ins Zentrum seines künstlerischen Interesses stellt. In öffentlich zugänglichen Fotoautomatenkabinen verzerrt er sein Gesicht zu Grimassen. Diese Fotos werden zum Ausgangspunkt genommen und in einem nächsten Schritt vergrößert, über- und bearbeitet. Es entstehen die Face Farces und Body Poses, die mit einem Fotografen im Atelier inszeniert werden. Sie stellen Rainers performativen Beitrag zur Aktionskunst dar und zeigen seinen völlig eigenständigen Umgang mit dem Medium Fotografie.
Als dialektische Antwort auf die Zumalungen entstehen ab Ende der 1990er-Jahre die farbigen, transparent irisierenden Schleierbilder. Frei auf den leeren jeweiligen Malgrund aufgetragen, entwickeln sich komplexe Licht- und Farbräume.
Wie kaum ein anderer hat Arnulf Rainer in seiner kompromisslosen Suche nach Ausdrucksmitteln von Anfang an radikal neue Verfahrensweisen entwickelt. Rainer zählt damit seit den 1960er-Jahren mit Gerhard Richter, Sigmar Polke und Georg Baselitz, Maria Lassnig und Bruce Nauman oder Yves Klein international zu den einflussreichsten Künstlern der Gegenwart. Sie alle sind Einzelgänger, die sich keiner Bewegung wie Pop-Art, Minimal Art oder Konzeptkunst zuordnen.
Die Ausstellung spannt einen Bogen von bedeutenden Werken aus Rainers Frühzeit über die Fotoarbeiten und -überarbeitungen der 1960er- und 1970er-Jahre sowie die Kreuze und Schleierbilder der 1980er- und 1990er-Jahre bis hin zu jüngsten Werken der Gegenwart. Die gut 40 Werke umfassende Präsentation in der ALBERTINA unterstreicht einmal mehr die überragende Bedeutung Arnulf Rainers für die Kunstgeschichte nach 1945 weit über die Landesgrenzen Österreichs hinaus.
Saaltexte
Zur Farbe Schwarz
Im malerischen und grafischen Werk Arnulf Rainers ist die Farbe Schwarz Programm. Von den surrealistischen Zeichnungen des Frühwerks über die gestischen Serien der Zentralkompositionen und Vertikalgestaltungen bis hin zum großen Zyklus der Übermalungen kommt dem Einsatz der Farbe Schwarz grundlegende Bedeutung zu. Schwarz ist dazu prädestiniert, starke Akzente auf hellem Grund zu setzen und durch seine Symbolik zu wirken. Durch die Beschränkung auf Schwarz, das als Nullpunkt aller Buntfarbigkeit gilt, legt Rainer fest, was ihm in seiner Kunst wichtig ist: das expressive Potenzial. Schwarz signalisiert für Rainer Reduktion, Konzentration und gestische Expression.
Übermalungen
Arnulf Rainers Werk konfrontiert den Betrachter immer wieder mit dem Gegensatz von Bild und Abbildlosigkeit, ohne dass sich darin ein Widerspruch oder unauflöslicher Gegensatz verbergen würde. In Rainers frühen, Ende der 1950er-Jahre entstandenen Bildern ist die weiße Leinwand mit vielen dünnen Malschichten überzogen. Erst später entstehen Übermalungen von Vorlagen, die dem Künstler als Inspiration dienen. „Am liebsten arbeite ich an der Übermalung einer Übermalung. Obwohl nicht ausschließlich, so betreibe ich die künstlerische Arbeit doch in erster Linie als Selbstgespräch. Wie sich etwa der Traum im Tiefschlaf fortsetzt, so ist die Übermalung die Entwicklung dieses Selbstgesprächs in ein Schweigen“, erklärt der Künstler.
Fotoüberarbeitungen
Am Beginn der Entdeckung des Selbstbildnisses präsentiert Arnulf Rainer 1967 der Öffentlichkeit sein Gesicht mit kräftigen schwarzen Linien bemalt. Zunächst als Erweiterung der Leinwand werden in den Jahren 1968 und 1969 Automatenfotos zu einem weiteren großen Thema seines Schaffens. Face Farces betitelt er diese „Selbstgespräche vor der Kamera“, die bald nicht nur in Fotokabinen, sondern vor allem von dem Fotografen Alexander Prinzjakowitsch aufgenommen werden. Das Bedürfnis, einen bestimmten Ausdruck, eine bestimmte innere Spannung nach außen zu tragen, führt Rainer in seinen performativen Selbstentäußerungen zu Bildern, die einerseits für sich stehen, andererseits aber über die Auseinandersetzung mit ihren Inhalten zum Ausgangspunkt für neue Bilder werden. Gerade am Höhepunkt seiner Übermalungen gelingt es ihm, seine Malerei in Selbstbildnissen und Body Poses wieder zu erfinden. Sein Reagieren auf das Bild wird an diesen auf Fotovorlagen basierenden Darstellungen nun anders wahrnehmbar, bleibt doch bei aller Überstrichelung, Zerkratzung, Fingermalerei und Zuschüttung ein mehr oder minder deutbares „Vorbild“ erhalten. Die Malerei misst sich nun am fotografischen Abbild und am Ausdruck der Bildvorlage.
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27.09.2019 - 26.01.2020
Täglich 9-18 Uhr
Mittwoch & Freitag 9-21 Uhr