Ernst Ludwig Kirchner. Fantastische Figuren
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Ausstellung16.03.2019 - 10.06.2019
Ernst Ludwig Kirchner (1880-1938), Mitbegründer der Künstlergemeinschaft »Brücke«, zählt heute zu den bekanntesten deutschen Expressionisten. Das Kunstmuseum Ravensburg präsentiert mit über 100 Werken eine Einzelausstellung, die Kirchners fantastische Figuren anhand ausgewählter Gemälde, Fotografien und zahlreicher Papierarbeiten in den Fokus stellt. In ihnen spiegeln sich nicht nur alle Perioden seines Œuvres, sondern sie stehen auch stellvertretend für seine Formensprache, Stilbildung und künstlerische Entwicklung.
Obwohl Kirchner ein meisterhafter Landschaftsmaler war, bildet die menschliche Gestalt doch immer das Zentrum seines Schaffens. Schon früh zieht es ihn in die pulsierende Metropole Berlin, wo er in exotisierten Ateliers sein Verständnis einer avantgardistischen Malerei zelebrierte, unterbrochen nur von eskapistischen Ausflügen in die Natur. Als Inspirationsquelle dienten ihm Ethnologische Museen und Modelle am Rande der strengen wilhelminischen Gesellschaft, die er im Kabarett oder im Zirkus fand. Kirchner bewegt sich bewusst abseits der Konventionen akademischer Malerei. Entgegen vieler seiner Künstlerfreunde verspürte er jedoch nie den Wunsch, in unbekannte Länder zu reisen, um neue Impulse für seine künstlerischen Bestrebungen zu finden. Stattdessen verbrachte Kirchner seine Sommer an den Moritzburger Seen nahe Dresden oder auf der Ostseeinsel Fehmarn und zelebrierte mit seinen Kollegen Vorstellungen eines ursprünglichen Lebens. Mit schnellem Strich gelingt es ihm dort spielerisch, auf Papier Moment und Bewegung einzufangen. Hier offenbart sich die herausragende zeichnerische Kraft Kirchners. Anhand einiger Skizzenbücher und zahlreicher Zeichnungen verdeutlicht die Ausstellung, welch hohen Stellenwert die Papierarbeiten in Kirchners Werk einnehmen. Insbesondere die ausgestellten Zeichnungen aus Fehmarn zeigen auf, wie mühelos er die der wirklichkeitsgetreuen Darstellung verpflichtete Linie aus ihrem starren Korsett befreit.
Nach einer schweren Nervenerkrankung und dem langwierigen Heilungsprozess nehmen die Figuren in Kirchners Werken eine eigenständige Bedeutungsebene an.
In ihnen spiegelt sich das Leiden des sensiblen Malers, der mit dem von ihm beschriebenen »blutigen Karneval« des Krieges schon bald nach Ausbruch hadert und schwer erkrankt. Ab Ende 1915 folgte ein Sanatoriumsaufenthalt dem nächsten, erst im Taunus, später in Berlin und am Bodensee. Während dieser Zeit rang und kämpfte 
 Kirchner immer wieder mit seinem Selbstbild. Durch Verzerren und Erhöhen seiner farbkräftigen Bilder setzte er den expressiven Ausdruck als höchstes künstlerisches Gut vor eine Beschönigung und szenischen Inszenierung, wie es seinerzeit noch weit verbreitet war.
Am 15. Januar 1917 bricht Kirchner zum ersten Mal nach Davos auf mit der Hoffnung auf einen positiven Einfluss der Natur und der Bergluft. Der Maler sollte – nach einem weiteren Klinikaufenthalt am Bodensee – ab 1918 für immer in dem Schweizer Kurort bleiben. In den zwanzig Jahren bis zu seinem Freitod erlebte er dort eine seiner fruchtbarsten Schaffensphasen: Angeregt durch die bäuerliche Umgebung und atemberaubende Natur entstehen einzigartige Gemälde, die Kirchner neben Ferdinand Hodler und Giovanni Segantini zu einem der wichtigsten Maler der Schweizer Alpen machen.
Besonderen Fokus setzt die Ausstellung deshalb auf Kirchners finale künstlerische Entwicklung: Das Schweizer Spätwerk Ende der 1920er Jahre offenbart Kirchners Neuerfindung als kompromissloser, progressiver Künstler, der bemüht war einer sich stetig wandelnden Welt adäquaten Ausdruck zu verleihen. Mit dem von ihm getauften »Neuen Stil« betritt er malerisches Neuland, indem er seine Bilder einer vollkommenen Flächigkeit unterwirft und seinen expressiven Stil nun vollends aufgibt.
Die bis jetzt selten gezeigten Gemälde des Spätwerks bilden den krönenden Abschluss seines »Inneren Sehens«; in den letzten Landschaftsbildern dominiert die Fantasie und atemberaubende Farbexplosionen. So schreibt er an seine Schülerin Nele van der Velde am 26. Dezember 1923: »Das Eigentliche meiner Arbeit steht noch aus, die Bilder aus der reinen Phantasie, mit denen ich anfing vor 30 Jahren und die ich zerstören musste, weil ich die Form dafür noch nicht hatte. Nun glaube ich die Form zu haben und möchte diese Bilder als letztes noch malen und die alten Ideen gestalten. Hier in den Bergen ist der Ort, wo man solches machen kann«.
Leihgaben für die Ausstellung werden vom Kirchner Museum Davos, dem Museum Biberach und dem Lehmbruck Museum Duisburg zur Verfügung gestellt und von Werken aus der Sammlung Selinka ergänzt. Die Ausstellung wurde kuratiert von Katharina Beisiegel in Zusammenarbeit mit Ute Stuffer.
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16.03.2019 - 10.06.2019
Di bis So 11-18 Uhr Do 11-19 Uhr montags geschlossen, außer feiertags