"Katja Stuke/Oliver Sieber. Fotografie neu ordnen: Japanese Lesson"
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Ausstellung07.12.2018 - 02.06.2019
Im Rahmen der Ausstellungsreihe „Fotografie neu ordnen“ lädt das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MKG) die Künstler Katja Stuke und Oliver Sieber ein, eigene Werke mit historischen Arbeiten aus der Sammlung Fotografie und neue Medien des MKG in Beziehung zu setzen. Katja Stuke und Oliver Sieber haben rund 40 historische Fotografien und Farbholzschnitte aus der Sammlung des MKG sowie eine Reihe von Künstlerbüchern ausgewählt, denen sie zwölf mehrteilige Foto- und Videoarbeiten aus ihrem Werkkomplex Japanese Lesson gegenüberstellen. Seit 2005 arbeiten sie als Künstler und Vermittler zwischen der japanischen und der deutschen Kultur an dem umfangreichen Projekt. Stand am Anfang noch eine einzelne Video-Installation, in der die Künstler ihre Faszination für die visuelle Kultur Japans zu einem mitreißenden Strom aus gefundenem und eigenem Bildmaterial verarbeiteten, hat sich ihre Auseinandersetzung mit dem ost-asiatischen Land immer weiter differenziert. Seit 2011 gehen sie unter dem Titel Japanese Lesson verschiedenen Phänomenen der japanischen Gegenwart nach und beschäftigen sich mit Subkulturen, Aktivismus und Protest oder der politischen Landschaft der Großstädte Tokyo und Osaka. Stukes und Siebers „Japanischstunde“ ist also weniger als eine Lektion für den Betrachter zu verstehen, sondern beschreibt die Arbeitsweise und den künstlerischen Prozess: Durch Spaziergänge, Beobachtungen und Begegnungen mit den Menschen, dem täglichen Leben vor Ort, mit Subkultur, Politik, Kunst und Musik unterrichten die Künstler sich selbst in japanischer Geschichte und Gegenwart, um durch die Annäherung an die fremde Kultur auch neue Sichtweisen auf die Situation im eigenen Heimatland gewinnen zu können.
Den Auftakt zur Ausstellung bildet die sich seit 2005 immer wieder modifizierende gemeinsame Video-Arbeit Japanese Lesson (2005–2015), die Stuke und Sieber selbst als „assoziatives Mashup“ bezeichnen – eine Art Crash-Kurs in Kunst, Kultur und Geschichte Japans, in den jahrelange Recherche und die überwältigenden Eindrücke einer ersten Japan-Reise gleichermaßen einfließen. Das verarbeitete Material reicht vom klassischen Farbholzschnitt über Landkarten, Mangas, Pressefotografien, Filmstills und Magazinseiten bis hin zu eigenen Schnappschüssen und künstlerischen Arbeiten. Hier begegnet man Samurai und Salaryman, Kabuki und Cosplay, Geishas und Godzilla, Idylle und Atombombenabwurf gleichermaßen in einem fieberhaften Stream of conciousness. Im Kontrast hierzu stehen jüngere Arbeiten innerhalb des Projekts, wie Activism and Landscape//Activist (2012–2015), in der sich Stuke und Sieber konzentriert mit den Reaktionen auf die Nuklearkatastrophe von Fukushima 2011 auseinandersetzen. Das 35 Fotografien umfassende Tableau dokumentiert Begegnungen mit Aktivisten und Künstlern, zeigt Demonstrationen und Protestaktionen, porträtiert deren Protagonisten und konfrontiert die Betrachter mit Militär, Sicherheitskräften und der Überwachung des öffentlichen Raums. Mit dieser Arbeit bringen Stuke und Sieber auch ihre Forderung zum Ausdruck, dass Künstler sich positionieren und aktiv einbringen sollten.
In der Auseinandersetzung mit dem Geschehen im öffentlichen Raum nimmt das Interesse des Künstlerduos an der politischen Landschaft ihren Ursprung, dem sie in den sogenannten Walking Meditations weiter nachgehen. Diese Spaziergänge entlang der Grenzen verschiedener Stadtviertel von Osaka, Yokohama und Tokyo beschreiben die Künstler als einen meditativen Rhythmus aus Gehen und Fotografieren. So entstehen dichte Fotoserien, die detailreich die jeweiligen Stadtlandschaften beschreiben und zugleich verschiedene Fragen zum Verhältnis der Bewohner zu ihrer Umgebung aufwerfen: Kann ein Stadtviertel meine Identität bestimmen? Was sind Grenzen? Wem gehört die Stadt, und wer bestimmt, wie sie sich in Zukunft verändert? In Walking Meditation #1. „In and Out“ Sanya (2017) führt die Kamera die Betrachter in 36 Bildern vom Ufer des Sumida mit dem Voranschreiten der Dunkelheit immer tiefer in die Straßen des Tokyoter Viertels Sanya. Das Gebiet mit einer langen Tradition als Wohnort von Tagelöhnern, einfachen Arbeitern und Handwerkern wurde offiziell längst anderen Stadtteilen zugeordnet. Unter dem Zugriff der Gentrifizierung hat sich der dortige Wohnraum zu günstigen Unterkünften für Rucksacktouristen verwandelt. Ähnliche Veränderungen stehen auch der Stadt Ichinomiya bevor, deren Strand zum Austragungsort der Wettbewerbe im Surfen der Olympischen Spiele 2020 bestimmt wurde. Den heutigen Zustand des Ortes dokumentieren Stuke und Sieber in der 30-teiligen Arbeit Walking Meditation #9. „233 miles away“ Ichinomiya (2017), wobei sich die Entfernungsangabe auf das havarierte Kernkraftwerk Fukushima Daiichi bezieht.
Elf Walking Meditations und die währenddessen entstandenen Fotos haben Katja Stuke und Oliver Sieber 2017 in einem Künstlerbuch zusammengefasst, das in der Ausstellung sowohl als Objekt als auch in einer filmischen Inszenierung zu sehen ist. Die große Faszination japanischer Fotografen für das Fotobuch seit den 1960er Jahren und die dort entwickelte Fotobuchkultur mit Kleinstauflagen spiegeln sich auch in Stukes und Siebers künstlerischer Praxis, in der Fanzines und Fotobücher eine wichtige Rolle spielen. Beide treten nicht nur als Künstler hervor, sondern auch als Akteure und Vermittler der Fotobuchkultur.
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07.12.2018 - 02.06.2019
Öffnungszeiten: Di-So 10-18 Uhr, Do 10-21 Uhr | Eintritt: 12 € / 8 €, Do ab 17 Uhr 8 €, bis 17 J. frei