Wien
Egon Schiele Werke
Krumau: Die Tote Stadt
Die im heutigen Tschechien liegende Stadt Krumau spielt für Schiele als Geburtsstadt seiner Mutter zeitlebens eine besondere Rolle. Malerisch in einer Schlinge der Moldau gelegen bietet sie ihm zahlreiche interessante Motive. 1911 schmieden seine Lebensgefährtin Wally und er den Plan, sich dauerhaft in Krumau niederzulassen. Doch dieses Vorhaben scheitert. Bereits nach drei Monaten Aufenthalt werden die beiden ausgewiesen. Möglicherweise erregte die „wilde Ehe“ der beiden Anstoß bei der Bevölkerung, dazu kamen auch Beschwerden über Atelierbesuche von Kindern. Egon Schiele malt viele klein- und großformatige Gemälde, die Krumau als „Tote Stadt“, menschenleer und als Relikt vergangener Zeiten interpretieren. Sein Bild Alte Häuser in Krumau ist ein Meisterwerk, in dem Schiele die reine Linienzeichnung mit dem Bleistift und das in verwesende Farben getauchte Haus räumlich spannungsvoll aufeinander bezieht.
Später Erfolg
Den großen finanziellen Durchbruch erlebt Egon Schiele im März 1918, als seine Werke bei der 49. Ausstellung der Wiener Secession ausgestellt werden. Er gestaltet nicht nur das Ausstellungsplakat, ein Manifest seiner Beziehung zu anderen Künstlern, sondern tritt auch als Organisator der Ausstellung auf und erarbeitet deren Konzept. Obwohl die Wiener Gesellschaft große Vorbehalte gegen Teile der Ausstellung hat, wird sie ein großer Erfolg – für Egon Schiele ist dies der große Durchbruch, der ihn zum erklärten Nachfolger und legitimen Erben des im Februar verstorbenen Gustav Klimt werden lässt. Schon bei der Eröffnung herrscht großer Andrang, die Kritiken überliefern die Atmosphäre: „Zahlreiche Arbeiten des Künstlers – bald wird man sagen dürfen des Meisters – zeigen schwermütige deutsche Städtebilder von überall und nirgendwo, todestraurige Männer, sterbensmüde Frauen, verträumte Kinder, die niemals lachen, blicken uns aus seltsam starren Augen an. Dann sieht man wieder Bilder des Lasters, der Sünde und Verruchtheit. Schiele ist ein Phantast des Grausigen und Entsetzlichen. Dabei lebt er im Dekorativen und Flächenschmückenden des Jugendstils.“ (Wiener Abendpost, 11. März 1918) Bereits am ersten Abend verkauft Schiele fünf Gemälde und zahlreiche Zeichnungen. In weiterer Folge wird der Künstler mit Porträtaufträgen überhäuft, gleichzeitig steigt auch die Nachfrage nach erotischen Aktdarstellungen. Allein im letzten Schaffensjahr des Künstlers sind 177 Sitzungen mit verschiedenen weiblichen Modellen dokumentiert.
Früher Tod
Im Januar 1917 wird Schiele endlich nach Wien versetzt. Er darf wieder in Hietzing wohnen und kann künstlerisch mehr arbeiten. Gemeinsam mit Albert Paris Gütersloh wird er beauftragt, die Kriegsausstellung 1917 im Prater zu organisieren. Schiele plant mit Vertretern von Kunst, Literatur und Musik für den kulturellen Wiederaufbau nach dem Krieg eine Kunsthalle zu gründen. Er nimmt 1917 an Ausstellungen in Wien, München, Amsterdam, Stockholm und Kopenhagen teil. Nach dem überraschenden Tod Gustav Klimts Anfang 1918 wird Egon Schiele als der legitime Erbe dieses Hauptmeisters der Österreichischen Avantgarde angesehen und zum Haupt der Wiener Kunstszene. Doch erkrankt Schieles im sechsten Monat schwangere Frau Edith an der Spanischen Grippe und stirbt am 28. Oktober. Schiele zeichnet sie noch am letzten Tag ihres Lebens. Dann erkrankt er selbst an dieser tödlichen hochansteckenden Krankheit, die weltweit mehr Menschen dahinrafft, als im ersten Weltkrieg gefallen sind. Am frühen Morgen des 31. Oktober 1918, am Tag der Auflösung der österreichisch- ungarischen Monarchie, stirbt Egon Schiele im Alter von 28 Jahren. Nach einer Notiz seiner Schwägerin Adele Harms waren seine letzte Worte: „Der Krieg ist aus – und ich muß geh’n.“
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