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Wien wird Weltstadt. Die Ringstraße und ihre Zeit

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Rasch wurde die Ringstraße auch vom neu entstandenen Großbürgertum entdeckt: als Flaniermeile, auf der man nach dem Motto „sehen und gesehen werden“ entlangspazierte. Kaffeehäuser wie zum Beispiel das heute noch bestehende Café Landtmann, die in die neuen Lokalitäten am Ring einzogen, erlebten eine Hochblüte als beliebte Treffpunkte. Die Gesellschaft der Ringstraße pflegte aber auch in den zahlreichen Salons in den Beletagen der neuen Palais zu verkehren. Einflussreiche Familien wie die Epsteins, die Ephrussis oder die Todescos verewigten sich mit ihren Häusern am Ring und stellten einen wichtigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Faktor dar – ihr Mäzenatentum war ein unschätzbarer Beitrag zur Kunst- und Kulturproduktion einer ganzen Epoche.

Dass Wien sich mit der Ringstraße auf dem Weg zu einer Stadt von Welt befand, zeigte sich schließlich auch mit der Weltausstellung von 1873. Die Hotels auf der Ringstraße rüsteten sich, die zahlreichen Ehrengäste wie den deutschen Kaiser, den italienischen König, den russischen Zar oder den Schah von Persien zu empfangen. Sogar ein eigenes Hotel wurde aus diesem Anlass am Ring errichtet: das geschichtsträchtige Métropole am Morzinplatz.

Absolute Rarität: Dokumente von Augenzeugen
Eine Besonderheit der Ausstellung „Wien wird Weltstadt“ ist, dass sie zahlreiche ZeitzeugInnen zu Wort kommen lässt. Der Bogen spannt sich dabei vom berühmten amerikanischen Schriftsteller Mark Twain, der 1898 mit seinem Essay „Stirring Times in Austria“ von turbulenten Sitzungen des Reichsrats im neu eröffneten Parlament berichtete, bis zum „Mann von der Straße“.

Ein solcher war beispielsweise Friedrich Schindler, ein Wiener Gerichtsbeamter, der im Jahr 1866 ein aus heutiger Sicht einzigartiges Manuskript verfasste. Unter dem Titel „Rundschau von Wien’s Neubauten und Spaziergang durch dessen neue Straßen (kein Fantasiebild)“ entwarf er auf 66 Seiten ein lebendiges Panorama der Ringstraße im Werden. Sein Bericht, der an einen Jugendfreund aus der Steiermark adressiert ist, ist ein sehr persönlicher Blick auf die vielen Veränderungen, die mit dem Bau des Prachtboulevards verbunden waren. Schindler war klar, dass er Zeuge der größten baulichen Umgestaltung der Stadt wurde. Kritik und Unbehagen gehen in seinem Schreiben mit Neugierde und Freude am Aufbruch Hand in Hand. Seine Zeilen unterstrich er mit liebevoll eingeklebten Zeitungsausschnitten. Die absolute Rarität vermittelt auch noch mehr als ein Jahrhundert später das Lebensgefühl der damaligen Zeit und ist in der Ausstellung erstmals im Original öffentlich zu sehen.

Eine Stimme soll in dieser Ausstellung aber auch den Menschen hinter der Ringstraße verliehen werden: Den ArbeiterInnen, die mit ihrer auszehrenden und zumeist unbedankten, harten täglichen Bautätigkeit einen enormen Beitrag zum Aufstieg Wiens zu einer glanzvollen Metropole leisteten, selbst aber unter den prekärsten sozialen Bedingungen leben mussten. So schrieb der Sozialdemokrat Victor Adler 1888 über die Ziegelwerke am Wienerberg: „diese armen Ziegelarbeiter sind die ärmsten Sklaven, welche die Sonne bescheint.“

Der Bauboom der Ringstraßenzeit führte zu einem massiven Zuzug Arbeitssuchender nach Wien, die sich außerhalb des damaligen Linienwalls niederließen. Eine unmittelbare Folge des Aufschwungs Wiens zur Weltstadt war daher auch die Entstehung von Arbeiter- und Armensiedlungen. Sie wurden bei der zweiten Stadterweiterung 1892 eingemeindet, die seit 1873 bestehende Gürtelstraße sollte zur „Ringstraße der Vorstädte“ werden. Damit begann ein neues Kapitel in der Geschichte des zur Weltstadt avancierten Wiens.






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  • 21.05.2015 - 01.11.2015
    Ausstellung »

    Dienstag – Sonntag 10 – 18 Uhr
    Donnerstag 10 – 21 Uhr

    Eintritt 
    € 7,– Ermäßigungen siehe hier Kinder und Jugendliche unter 19 Jahren haben freien Eintritt in alle musealen Bereiche.

    „1945. Zurück in die Zukunft. 70 Jahre Ende Zweiter Weltkrieg“ ist vom 28. April bis 10. Mai 2015 im Camineum der Österreichischen Nationalbibliothek, Josefsplatz 1, 1010 Wien, zu sehen. Danach werden Teile der Ausstellung vom 26. Juni bis 12. September 2015 in der Oberösterreichischen Landesbibliothek in Linz präsentiert. Zur Ausstellung ist eine Begleitbroschüre erschienen, die für 3,-- Euro an der Kassa erhältlich ist.

„Allerhöchster geneh­ migter Plan der Stadt­ erweiterung“ 1859


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  • Das alte Kärntnertor Fotograf unbekannt 1858
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    Österreichischen Nationalbibliothek
  • Blick von der Ringstraße Richtung Kärntner Straße um 1890
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    Österreichischen Nationalbibliothek
  • Am Kärntner Ring Foto: Wilhelm Burger um 1876
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    Österreichischen Nationalbibliothek
  • Blick auf das Parlament Fotograf unbekannt um 1882
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    Österreichischen Nationalbibliothek
  • Rundgang um die Bastei, Blick auf den Stephans­ dom, Ausschnitt Emil Hütter 1858
    Rundgang um die Bastei, Blick auf den Stephans­ dom, Ausschnitt Emil Hütter 1858
    Österreichischen Nationalbibliothek
  • Äußeres Burgtor vom Heldenplatz aus gesehen vor dem Bau der Ringstraße Künstler unbekannt vor 1850
    Äußeres Burgtor vom Heldenplatz aus gesehen vor dem Bau der Ringstraße Künstler unbekannt vor 1850
    Österreichischen Nationalbibliothek
  • Titelblatt Demolirer­Polka Johann Strauß 1862
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    Österreichischen Nationalbibliothek