Engel
Himmlische Boten in alten Handschriften
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Ausstellung20.11.2014 - 01.02.2015
Doch nicht nur der Himmel ist voller Engel, auch der Weg zur Hölle wird von ihnen gesäumt. Es sind die gefallenen Engel mit Luzifer als ihrem Gebieter. Wegen seiner Anmaßung, selbst auf dem göttlichen Thron sitzen zu wollen, wurde er einst vom Himmel gestoßen, zu sehen in einer Weltchronik aus dem Jahr 1463, die seinen Höllensturz in dramatischen Bildern zeigt. Die bösen und die guten Engel, sie treffen laut biblischer Überlieferung am Tag des Jüngsten Gerichts wieder aufeinander: Mit hellen Posaunen sammeln die Engel des Herrn die Auserwählten, während alle anderen verstoßen werden, „in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln“, wie es im Matthäusevangelium heißt. Albrecht Dürer, der große Künstler der Renaissance, hat den Weltuntergang in einem bildgewaltigen Holzschnitt festgehalten. Die Inkunabel von 1498 ist ein Meisterwerk des frühen Buchdrucks und einer der Höhepunkte der Schau.
Höllenfeuer und Verdammnis mögen übrigens das Ende der irdischen Welt sein, das Ende der himmlischen Engel sind sie nicht. Eine Handschrift aus 1354 zeigt in einer unglaublich detailreichen Miniatur, wie das neue Reich Gottes aussehen mag: Christus thront in der Mitte des Universums, umgeben von unzähligen kleinen, lobpreisenden Engeln.
Geistwesen und Geistesgrößen: Wieviele Engel passen auf eine Nadelspitze?
Es ist zweifellos eines der schönsten Engelbildnisse in der Buchkunst des Mittelalters: Das Evangeliar des Schreibers Liutold aus dem 12. Jahrhundert zeigt den Erzengel Gabriel im prächtigen blauen Gewand mit purpurnem Umhang, seine farbenfrohen Engelsflügel ausgestreckt vor goldstrahlendem Hintergrund. Ein Meisterwerk. Und für die Kirche des Mittelalters ein Problem.
Denn woher wusste man, wie der Erzengel aussah? Engel als menschliche Gestalten mit zwei Flügeln kommen in keinem der biblischen Texte vor. Auch sonst lässt sich der Heiligen Schrift kaum eine klare Aussage zu Engeln entnehmen. Wieviele Engel gibt es? Wann wurden sie erschaffen? Woraus bestehen sie? Was können wir überhaupt über sie wissen?
Mit Fragen wie diesen befassten sich nicht nur kirchliche Konzile, sondern auch eine ganze Armada an christlichen Gelehrten: Geistesgrößen wie Augustinus, Albertus Magnus, Bonaventura, Thomas von Aquin oder Johannes Duns Scotus diskutierten das Wesen der Engel in ihren Werken.
Wirklich einig wurde man sich aber bei kaum einer Frage. Hatte das Konzil von Nicäa im Jahre 325 noch versucht, dem Irrglauben Einhalt zu gebieten, indem es nur die Verehrung der in der Bibel verbrieften Erzengel Michael, Gabriel und Raphael erlaubte, blühten schon kurz darauf erneut die Spekulationen, ob es nicht viel mehr Engel geben müsse. Lenkten sie nicht alle Planeten und Gestirne? Unklar blieb auch, wann sie erschaffen wurden: Bereits am ersten Schöpfungstag? Oder doch erst am zweiten? Gewiss schien immerhin, dass Engel keine körperliche Substanz haben.
Bereits im Talmud war die Rede davon, dass Engel aus Feuer bestehen. Kirchenvater Augustinus
glaubte, dass sie „Himmelskörper“ aus Luft hätten. Thomas von Aquin ging noch einen Schritt weiter und argumentierte, dass Engel rein geistige Wesen seien: Da sich der Intellekt des Menschen aus den Sinneseindrücken des Leibes speist und es unterhalb des Menschen Lebewesen ohne Intellekt gibt, müsse es demzufolge auch oberhalb des Menschen intellektuelle Wesen ohne Leib geben – die Engel. Trotz so mancher Spitzfindigkeiten in den Diskussionen der mittelalterlichen Gelehrten: Die berühmte Frage, wie viele Engel auf eine Nadelspitze passen, war kein Thema – auch wenn die Humanisten das später oft und gern unterstellten.
Vom Himmel hoch: Glockendon-Gebetbuch und Bachs Weihnachtslied Unbeeindruckt von solchen theologischen Disputen erfreuten sich die Engel im Volksglauben größter Beliebtheit. Und auch die Kirche ließ die himmlischen Boten in großer Zahl auf irdisches Pergament bannen. Die Künstler des frühen Mittelalters waren es denn auch, die den Engeln Flügel verliehen, als Symbol für das Entrücktsein von allem Weltlichen. Diese Darstellungsform übernahmen die Buchmaler aus der römischen Antike. Bis in die frühe Neuzeit bevölkerten daher zahlreiche geflügelte Boten die Handschriften und Drucke. Übrigens nicht nur in männlicher Gestalt. Engel konnten sich, besonders im Gefolge der Gottesmutter Maria, auch in Frauen und Kinder verwandeln. Der Florentiner Künstler Donatello war der erste, der in seinen Werken geflügelte nackte Knäblein, sogenannte Putten, verwendete, die bald Eingang in die Buchillustration fanden. Auch sie sind in der Ausstellung zu bewundern: Der Nürnberger Illustrator Gabriel Glockendon schuf in den Jahren 1536 und 1537 für den Kirchenfürsten Albrecht Kardinal von Brandenburg ein reich ausgestattetes Gebetbuch, in dem Maria und Josef mit dem Jesusknaben zu sehen sind, gemeinsam mit einer Schar blondgelockter und pausbäckiger Kinderengel. Fast scheint es, als würden sie jenes bekannte Kinderlied singen, das Martin Luther zur gleichen Zeit geschrieben hat: „Vom Himmel hoch, da komm ich her!“ Die Melodie verarbeitete Johann Sebastian Bach 200 Jahre später unter anderem in den „Canonischen Veränderungen über ein Weihnachtslied“, deren Erstdruck aus dem Jahr 1748 den feierlichen Abschluss der Ausstellung bildet.
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20.11.2014 - 01.02.2015
Dienstag – Sonntag 10 – 18 Uhr
Donnerstag 10 – 21 UhrSommeröffnungszeiten Juni, Juli, August, September
täglich 10 – 18 Uhr
Donnerstag 10 – 21 UhrEintritt € 7,– Ermäßigungen siehe hier
Kinder und Jugendliche unter 19 Jahren haben freien Eintritt in alle musealen Bereiche.