Die Ausstellun
Die Ausstellung Meisterwerke muhammedanischer Kunst von 1910
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Presse16.08.2010
Die Installation "The Invisible Masters" von Rachid Koraïchi (geb. 1947 in Algerien) vollendet die Komposition des Hauptsaals. Koraïchi ist Mitglied eines Ordens islamischer Mystiker (Sufis) und hat in 99 elfenbeinfarbene Stoffbanner arabische Buchstaben, Symbole und Ornamente eingearbeitet. Sie beziehen sich auf Aussprüche berühmter Sufis wie z.B. "Ich bin Gott, die Wahrheit" von al-Halladsch. Dieser Sufi hatte die Auslöschung des eigenen Selbst erreicht und war mit dem eins geworden, den er liebte: Gott. Seine Zeitgenossen empfanden seinen ekstatischen Ausruf aber als Lästerung und richteten al-Halladsch grausam hin. Die 99 Banner sollen in ihrer Gesamtheit beschützend wirken wie ein Talisman.
Der äußere Ring aus zehn Kabinetten bietet jüngeren zeitgenössischen Künstlern, Kuratoren und Institutionen ein Forum. Ein Trakt ist urbanistischen Themen gewidmet: Samir el Kordy beschäftigt sich mit den laufenden Planungen für ein "New Cairo" und ein "New Damascus"; der Palästinenser Wafa el Hourani präsentiert ein traurig-heiteres Zukunftsmodell des Flüchtlingslagers Qalandia; Stagnation, Abschottung von der Festung Europa, Raubbau an der Natur und Wachstum um jeden Preis sind in den Arbeiten von Yto Barrada aus Marokko spürbar; Reem al Ghaith macht die rasanten Veränderungen in der Golfregion erfahrbar; und der türkische Künstler Emre Hüner mischt in seinem Animationsfilm "Panoptikon" Elemente aus Paradiesgarten, mittelalterlicher Hafenanlage, Werkstatt, Labor und Gefängnis.
In einem anderen Trakt sind Typografie, Design, Mode, Malerei und Buchproduktion zusammengeführt. Dort präsentiert die Grafikdesignerin Huda Smitshuijzen AbiFares fünf Designerinnen, die arabische Buchstaben in industrielles Design umgesetzt haben; Tala Madani (geb. 1981 in Iran) führt in ihren Gemälden und Animationen den Mann als 'Krone der Schöpfung' in Situationen vor, die ihn der Lächerlichkeit preisgeben; Nadine Touma hat in Beirut den Verlag Dar Onboz gegründet, der auf Kinderliteratur spezialisiert ist, und richtet im Haus der Kunst einen Raum für Kinder ein.
Film als Leitmedium
Im Ausstellungspark auf der Theresienhöhe im Jahr 1910 war der 'Kinematograph' noch eine Sensation, vor deren Gesundheitsrisiken gewarnt wurde. Hundert Jahre später ist gerade der Wechsel von statischen und fließenden Eindrücken die Signatur der Ausstellung, und der künstlerische Film erhält viel Raum.
Doa Aly führt in "The Girl Splendid in Walking" Tanz, Musik und Dichtung zusammen; in "Couscous Aftermaths (3000 years old movements)" zeigt Kader Attia als Sinnbild der Vergeblichkeit eine Frau, die scheinbar endlos Glasscherben in einer Schüssel wendet, als wäre es Couscous; Mounira al Solh erzeugt surreale Situationen, indem sie arabische Redewendungen und Sprichwörter in bewegte Bilder umsetzt.
Drei Langfilme ergänzen die Auswahl: das Liebesdrama "Shirin" des bekannten iranischen Filmemachers Abbas Kiarostami, die Parodie auf ägyptischen Inlandtourismus "Domestic Tourism II" von Maha Maamoun, und die Erfolgsgeschichte einer Bier brauenden Familie in Palästina, die ihre eigene Miniversion vom Münchner Oktoberfest feiert: der Dokumentarfilm "Taste the Revolution" von Buthina Canaan Khoury.
Literarische Vorlage für "Shirin" (2008, 91 min) ist das Epos "Chosrou und Shirin" von Nizami aus dem 12. Jh. Dieses Liebespaar ist in der persischsprachigen Welt so bekannt wie Romeo und Julia. Beide verlieben sich früh ineinander, doch heiratet Chosrou zunächst eine andere. Jahre vergehen. Als sie schließlich zusammenkommen, sind beide längst gefangen zwischen Sehnsucht, Verhärtung und Reue. Ihr Glück ist kurz: Chosrou wird von seinem Sohn ermordet, und Shirin nimmt sich daraufhin das Leben. Der iranische Filmemacher Abbas Kiarostami filmt die Zuschauer dieses Liebesdramas. Mehrheitlich sind diese Zuschauer Iranerinnen, aber auch Juliette Binoche ist unter ihnen. Sie sehen sich eine filmische Version von "Chosrou und Shirin" an und identifizieren sich mit der Heldin. So spiegeln sich auf ihren Gesichtern die unterschiedlichsten Gefühle. Kiarostamis Kameraführung ist fast statisch, die Gesichter der Zuschauer werden frontal gezeigt mit langsamen Abblenden. Dieser Film-im-Film erreicht mit minimalistischen Methoden die Spannung eines Spielfilms und erfindet das Kino als Universalsprache für Gefühle neu.
Ähnliches gilt für "Domestic Tourism" (2008), eine Collage von Sequenzen aus ägyptischen Spielfilmen. Diese Spielfilme sind im Zeitraum von 1959 bis 2006 entstanden und in der Reihenfolge ihres Erscheinens aneinander gefügt. Alle Szenen spielen vor Pyramiden. Einige dieser Filme sind Romanzen, in denen der Liebhaber seine Gefährtin zu verführen sucht. Wenn das - oft nächtliche - Rendezvous freizügig zu werden droht, wird das Paar von außen gestört, z.B. durch eine Polizeistreife. Andere Sequenzen gehören zum Genre Science Fiction oder haben Feminismus, Nationalismus, die Schönheit Ägyptens oder den Kampf gegen das Böse als zentrales Thema. Maha Maamoun nennt ihr Projekt eine "informelle Typologie von Pyramidenszenen". Für den Betrachter fügen sich diese Szenen zu einem amüsanten Panorama aus Stadtgeschichten.
Kuratorenteam
Chris Dercon, Direktor am Haus der Kunst Dr. León Krempel, Kurator am Haus der Kunst Prof. Dr. Avinoam Shalem, Professor für Geschichte der islamischen Kunst an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Max-Planck-Fellow am Kunsthistorischen Institut in Florenz - Max-Planck-Institut
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