Buch und Kunst
54. Stuttgarter Antiquariatsmesse 2015
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Messe23.01.2015 - 25.01.2015
Freimaurer
Eine Kalligraphie ganz anderer Art zeigt Daša Pahor: Die Lithographie „A Biographical Sketch of His Late Royal Highness the Duke of Sussex” entstand nach 1843 im Umkreis einer Freimaurerloge, dessen Großmeister sich umgeben von Zirkel, Winkel, Freimaurer-Auge und Globen abbilden ließ – der Trick: Das gesamte Bild ist aus winziger Schrift gestaltet (17.500 €). Schrift-Kunst vom Feinsten. „… und das Kleid in Lappen …“
Handschriften, Autographen, Manuskripte zählen zu den besonders begehrten bibliophilen Kostbarkeiten, denn sie sind – einzigartig. Die Autographenhandlung J. A. Stargardt punktet 2015 mit einem bedeutenden Brief des Archäologen Johann Joachim Winckelmann an seinen Verleger Georg Walther in Dresden. Thema: Winckelmanns „Geschichte der Kunst des Altertums“ und sein „Sendschreiben von den herkulanischen Entdeckungen“ (24.000 €). Die Reihe der Highlights komplettieren am Stand von Stargardt drei Manuskripte von Alfred Döblin (4.000 €) und ein eigenhändiger Vierzeiler Johann Wolfgang von Goethes (16.000 €):
„Aemtchen bringen Käppchen
Aemtchen bringen Läppchen
Reissen oft die Kappen
Und das Kleid in Lappen.“
In früheren Jahrhunderten waren Glückwunschkarten kleine Kunstwerke, in Kupfer gestochen, radiert, verziert, lithographiert, als Fächerbilder geschnitten, mit Aquarellen, Zeichnungen und vor allem mit handschriftlichen Einträgen berühmter Persönlichkeiten versehen. Eberhard Köstler legt zur Stuttgarter Antiquariatsmesse einen Sonderkatalog mit Stammbüchern und Glückwunschgraphik des 17. bis 19. Jahrhunderts vor. Zur Zeit der Reformation kamen Stammbücher in Mode und galten für Jahrhunderte als besonderer Ausdruck gesellschaftlicher Anerkennung. Heute sind sie attraktive Objekte für Liebhaber kulturhistorischer Dokumente und Ausdruck einer längst vergangenen Alltagskunst der aufstrebenden bürgerlichen Schichten. Eines von vielen Schmuckstücken, angeboten von Eberhard Köstler, ist ein Biedermeier-Stammbuch der Zürcher Familie Schwarzenbach – standesgemäß in Seide gebunden (2.500 €). Der italienische Antiquar Rambaldi glänzt mit einem Album amicorum aus Leipzig, Danzig und Königsberg Mitte des 17. Jahrhunderts (4.500 €). „Nach Briefen von Therese lechze ich wie ein Hund …“
So schrieb Robert Schumann am 16. Oktober 1838 an seinen Wiener Freund Josef Fischhof. Pikantes Detail: Gemeint war seine Schwägerin, die in erster Ehe mit dem Verleger Eduard Schumann verheiratet war. Das Zitat stammt aus einem von vielen Highlights unter den Musikerautographen und Partituren, die 2015 im Württembergischen Kunstverein zu sehen sind. Neben diesem Schumann-Brief (12.000 €) besticht das Antiquariat J. Voerster mit der sehr persönlichen Korrespondenz Dmitri Schostakowitschs (3.200 €) und der 3. Symphonie „Eroica“ Ludwig van Beethovens (3.500 €). Das Arbeitsexemplar des Dirigenten Karl Böhm ist durchgehend mit Anstreichungen versehen. Dr. Michael Raab legt die erste Ausgabe der Partitur von Beethovens „Neunter“ in die Vitrine (9.500 €), ebenso Rubinsteins bedeutende Oper „Demon“, nach dem Poem des russischen Dichters Lermontow (4.000 €), während Rainer Schlicht mit Autographen von Berlioz (3.800 €) und Liszt (3.400 €) im Gepäck von Bayreuth nach Stuttgart reist. Köstliche musikalische Momentaufnahmen zeigen Paternos Karikaturen des „Krähwinkler Musikvereinspersonals“ (Johannes Müller 3.300 €). Und eine Partitur von Friedrich Nietzsche? Genau! Der „Hymnus an das Leben“ des Philosophen erschien in Leipzig 1887, die erste Ausgabe – von außerordentlicher Seltenheit – ist bei Eberhard Köstler zu bewundern (7.500 €).
Winfried Geisenheyner und Franz Siegle - Zwei Kollegen und ein Messestand seit 30 Jahren
Seit 54 Jahren findet die größte deutsche Antiquariatsmesse in Stuttgart statt, seit 30 Jahren sind die Antiquare Winfried Geisenheyner und Franz Siegle dabei – und genau seit diesen drei Jahrzehnten teilen die Kollegen einen Messestand. Das Angebot der beiden renommierten Antiquare lebt von seinen Gegensätzen. Winfried Geisenheyner, Spezialist für Kinder- und Bilderbücher, glänzt 2015 mit dem „allergrössten Bilder-ABC“, Berlin 1828, hier in den außerordentlich raren Bilderbogen (14.000 €), und mit Bertold Löfflers reizenden „Sieben Zwergen Sneewittchens“ – eines der seltensten Bilderbücher des späten Jugendstils (4.800 €).
Franz Siegle, der in der Medizin und den Naturwissenschaften immer das Ausgefallene sucht und findet, brilliert mit Geiler von Kaysersbergs Predigten gegen die Blasphemie „Das buch d’sünden des munds“, mit Holzschnitten von Hans Baldung Grien in Straßburg 1518 gedruckt (20.000 €), und Stephan Gerlachs „Tage-Buch“ aus dem Jahr 1674: Der Knittlinger begleitete die kaiserliche Gesandtschaft des Herzogs Ludwig von Württemberg nach Konstantinopel (8.500 €).
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23.01.2015 - 25.01.2015Messe »
Öffnungszeiten
Freitag, 23. Januar: 11 Uhr bis 19.30 Uhr
Samstag und Sonntag, 23. und 25. Januar: 11 Uhr bis 18 Uhr