Buch und Kunst
54. Stuttgarter Antiquariatsmesse 2015
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Messe23.01.2015 - 25.01.2015
Oskar Schlemmer
Die Stuttgarter Antiquariatsmesse fasziniert mit ihrer Vielfalt, sie lebt von den ästhetischen Gegensätzen. Bücher – Handschriften – Graphiken, von den Anfängen des Buchdrucks bis zu den großen graphischen Leistungen des 20./21. Jahrhunderts. Die Galerie Valentien würdigt 2015 parallel zur großen Werkschau in der Stuttgarter Staatsgalerie das Oeuvre Oskar Schlemmers. Herausragend ist die Studie für das Wandbild „Familie“, eine Zeichnung in Farb-, Bleistift und Tempera (48.000 €). Das Wandbild im Hause Dieter Keller in Stuttgart-Vaihingen entstand während des Zweiten Weltkrieges, ermöglicht durch einen privaten Auftraggeber. Schlemmer, vom Ausstellungsverbot gebrandmarkt, rang darum, die Gleichzeitigkeit von privatem Familienglück und Todesnähe in ein überpersönliches Symbol-Bild zu verdichten. 80 Vorzeichnungen zeugen von der Intensität, mit der er sich der Aufgabe stellte. Eine der schönsten zeigt die Galerie Valentien im Württembergischen Kunstverein. Glücklicher Zufall: Das Wandbild zur Vorstudie ist zeitgleich in der Staatsgalerie vom 21. November 2014 bis zum 6. April 2015 zu sehen. Ergänzt wird das hochkarätige Angebot durch Schlemmers „Stuttgarter Landschaft“ (22.000 €) und „Anatomische Skizzen“ (12.000 €). „… par la lune et par la couleur …“
Die Galerie Vömel – wieder in Stuttgart dabei – lockt mit Graphiken des 20. Jahrhunderts, darunter Max Beckmanns „Schlafender Athlet“, handsigniert aus dem Jahr 1946 (4.800 €) und Werner Heldts „Skizze zu dem Bild: Vor dem Regen“ (9.800 €), während die Kunsthandlung Goyert Stacheln ausfährt mit Günther Ueckers „Opus liber“: vier Prägedrucke, signiert, nummeriert und datiert 2007 in einer Auflage von 120 Exemplaren (6.720 €).
In der Avantgarde brilliert Günter Linke mit Tristan Tzaras „Circuit total par la lune et par la couleur”, mit einem signierten Originalholzschnitt von Marcel Janco, erschienen in Zürich 1916. Tzaras Widmungsgedicht an den Künstlerfreund wurde auf die erste Seite gedruckt, von ihm am unteren Rand voll signiert und mit einer kleinen Blümchenzeichnung versehen (50.000 €). Ebenfalls bei Linke: „Il était une petite pie” von Lise Hirtz, mit 8 ganzseitigen Pochoir-Illustrationen nach Gouachen von Joan Miró (8.000 €). Aix-la-Chapelle erfreut den Betrachter mit Willy Seidels „Yali und sein weißes Weib“ samt Radierungen von Max Pechstein (28.500 €). Der Avantgarde-Spezialist Abeceda offeriert Benjamins „Einbahnstraße“ mit Fotomontage von Sasha Stone (8.000 €) und schwört durch Hugo Steiner-Prags „Golem“ dämonische Fantasien herauf (2.800 €). Bei Herbert Blank findet sich ein Unikat aus dem Bauhaus-Umfeld: Ein Rundschreiben der Druckerei vom 4. 3. 1923 ans Bauhaus Weimar, mit den Unterschriften von Feininger, Itten, Kandinsky, Klee, Marcks, Muche, Schlemmer und Schreyer (7.500 €). In Ketten
Buchkunst und Graphik bieten dem Auge auch 2015 einen Hochgenuss. Rolf Eschers signierte Farbstiftzeichnung „Kettenbibliothek“ (Goyert 3.500 €) zählt ebenso dazu wie Richard Frieses „Arktische Landschaft“, angeboten von H. W. Fichter (4.000 €) und Albrecht Dürers „Fahnenschwinger“ – eine Kostbarkeit am Messestand des Kunstkabinetts Strehler (4.500 €). In den Bereich der Angewandten Kunst entführt das Antiquariat August Laube mit Eugen Felles Bergpanoramen der Alpen. Felle machte sich nach seiner Ausbildung zum Maler und Bildhauer einen Namen durch künstlerisch anspruchsvolle, detailliert ausgeführte Ansichtskarten. Als modernes Werbemittel boten diese für Gastwirte, Hotelbesitzer und Kurhäuser dem Künstler ein stabiles Einkommen. Felles Entwürfe zeichnen sich durch einen hohen künstlerischen und dokumentarischen Wert aus, zeigen sie doch immer wieder Baubestände, die heute nicht mehr existieren. Eine interessante Auswahl bringt August Laube von Zürich nach Stuttgart (3.500 € bis 4.200 €). Eine sehr umfangreiche Sammlung von 94 farbigen Aquarellen, 47 Radierungen, zahlreichen Zeichnungen und Entwürfen, 298 Postkarten, 2 Büchern, 16 Klischees für einen Prospekt und 22 Kupferplatten sorgt dagegen am Stand von Ulrich Engel für Begeisterung. Es handelt sich um Vorlagen für Postkarten mit Ansichten aus den süddeutschen Regionen, die von Josef und Vinzenz Marschall von 1912 bis 1922 gefertigt wurden (7.800 €).
Dantes Geliebte
Zurück zu den Anfängen des Buchdrucks: Das hochklassige Angebot von Inkunabeln und Frühdrucken hat auf der Stuttgarter Antiquariatsmesse Tradition. Hellmut Schumann präsentiert die Editio princeps des einzigen noch existierenden Werkes des Athenaios von Naucratius „Athenaion Deipnosophistou“, verfasst im 3. Jahrhundert nach dem Vorbild von Platons „Symposion“. Die in Venedig 1514 gedruckte Aldine ist dem Zürcher Antiquar 40.000 € wert. Dante Alighieri verewigte seine Jugendliebe Beatrice in der „Vita nuova“, 1576 in Florenz gedruckt und ebenfalls im Angebot bei Schumann (11.250 €). Mit Rolevincks „Fasciculus temporum omnes antiquorum chronicas complectens”, in Köln von Ludwig von Renchen vor 1483 gedruckt, bringt Büchel-Baur eine Seltenheit in die Messehalle (19.000 €). Ein Salzburger Missale aus dem Jahr 1510, selten wegen der eingedruckten Noten, kostet bei Johannes Müller 13.500 €, ein Frühdruck aus Blaubeuren – Martin von Bragas „De quattuor virtutibus cardinalibus“ aus dem Jahr 1478 – im Antiquariat Müller & Gräff 3.500 €.
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Öffnungszeiten
Freitag, 23. Januar: 11 Uhr bis 19.30 Uhr
Samstag und Sonntag, 23. und 25. Januar: 11 Uhr bis 18 Uhr