Buch und Kunst
54. Stuttgarter Antiquariatsmesse 2015
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Messe23.01.2015 - 25.01.2015
Die Sammlung Max Morgenstern
Der österreichische Industrielle Max Morgenstern (1883-1946) begann, wohl nach einem Zusammentreffen mit Alfred Kubin, Drucke deutscher Pressen in kleinsten Auflagen zu sammeln, von denen er einige von der Wiener Werkstätte binden ließ. Die Entwürfe zu diesen Einbänden verwahrt das Archiv des Wiener MAK, ein Beweis für den hohen Anspruch des Sammlers, der manchmal sogar Entwürfe ablehnte, weil sie in seinen Augen nicht zum Text „passten“.
Zusammen mit Heinrich Stinnes gilt Morgenstern als der wichtigste Sammler des frühen Werkes von Alfred Kubin (etwa 75 Blätter vor 1922). 1938 emigrierte er nach England, wo er im britischen Exil starb. Den größten Teil seiner Bibliothek hatte er auf dem Landsitz der Familie in Bielsko zurückgelassen. Herausragende Beispiele daraus zeigt Norbert Donhofer in Stuttgart: Drucke auf Pergament, Drucke, die speziell für Morgenstern in nur einem einzigen Exemplar angefertigt wurden, sowie eine Reihe der schönsten und heute extrem seltenen Vorzugsausgaben von Pressendrucken, darunter: „Acht Fabeln“, 1911 von der Ernst Ludwig-Presse gedruckt, in einem intarsierten azurblauen Maroquineinband (18.000 €), John Miltons „Paradise Lost“ aus der Doves Press (1902/1905) in den Original-Pergamentbänden der Doves Bindery (5.800 €), Goethes „Tagebuch“, gedruckt 1916 bei Alfred Hoennicke und in grünes Maroquin von E. A. Enders gebunden (6.500 €) sowie Shakespeares „Sonette“ aus dem Insel-Verlag 1909 im Handeinband von Paul Kersten – eine Schönheit! (5.800 €). Geplant ist über die beiden Sonderkataloge und das Angebot auf der Stuttgarter Antiquariatsmesse hinaus eine Ausstellung in Wien, die einen Teil der unikalen Einbände samt der Entwürfe aus dem Archiv der Wiener Werkstätte, die Kubin-Blätter und die Schiele-Arbeiten aus der Sammlung Morgenstern der Öffentlichkeit vorstellt. Eine grandiose Neuentdeckung!
Die Sammlung Steinhausen-Paquet-Klingmüller
Das Auftauchen einer solchen, über drei Generationen gewachsenen Sammlung erlebt der heutige Autographenhandel selten. Die von Thomas Hatry erworbene Kollektion geht auf den Maler Wilhelm Steinhausen zurück, der in den 1880er Jahren begann, Schriftstücke seiner Malerkollegen und Dichterfreunde sowie eine Reihe von Romantiker-Briefen zu sammeln. Als Vorlass vererbt (und wohl auch mit seiner Leidenschaft infiziert) hat er die Autographen seiner Tochter Marie-Henriette Steinhausen, die 1910 den Schriftsteller Alfons Paquet heiratete. Die Tochter wiederum kaufte schon mit dem ersten selbstverdienten Geld weitere handschriftliche Dokumente, zum Beispiel ein Albumblatt von Klopstock, und teilte später ihre bibliophile Leidenschaft mit ihrem Mann, der nicht nur mit unzähligen Geistesgrößen seiner Zeit zu tun hatte, sondern auch der „Erfinder“ des Goethe-Preises war. Nach deren Tod komplettierte die älteste Tochter Henriette Klingmüller die Sammlung und ergänzte sie durch Teile der persönlichen Korrespondenzen ihres Vaters. Als Henriette Klingmüller 2014 verstarb, gaben ihre Nachkommen diese einmalige Drei-Generationen-Sammlung bedeutendster Autographen aus der Literatur- und Geistesgeschichte in den Handel. Thomas Hatry offeriert daraus in Stuttgart die Glanzstücke: eine eigenhändige Gedichtstrophe Johann Wolfgang von Goethes vom 30. März 1826 (25.000 €), ein Manuskriptblatt von Friedrich Schiller aus dem Jahr 1792 – zugleich Schillers erster programmatischer Text als Herausgeber, in dem er geschickt die Befürchtung eines Nachdrucks als Aufwertung seines eigenen Renommees benutzt (24.000 €) –, ein intimer Brief Sophie Mereaus (verheiratete Brentano) an Schiller vom Januar 1797 (9.000 €), Jean Pauls Brief an Herder vom Mai 1799 (7.000 €) und ein Brief Mahatma Gandhis aus dem Jahr 1934 (12.000 €).
Die Sammlung Fritz W. Weddigen
Das Heinrich Heine Antiquariat, 2015 erstmals in Stuttgart vertreten, debütiert mit einem Paukenschlag: Die Elzevier-Sammlung von Fritz W. Weddigen ist nach der Phiebig-Sammlung, die ursprünglich in London versteigert werden sollte, aber zurückgezogen und einzeln verkauft wurde, die wohl wichtigste Kollektion dieser Art. Die komplette Reihe aller jemals publizierten „Republiken“ mit allen Varianten und Neudrucken ist laut Auskunft des Heinrich Heine Antiquariates die einzige vollständige Sammlung. Weder in privater noch in öffentlicher Hand sind Elzevier-Drucke in dieser Vollständigkeit zu finden, denn sogar die Bestände in Stockholm, Amsterdam, Paris oder Winterthur weisen Lücken auf. Die Bibliothek wurde zwischen den beiden Weltkriegen von Fritz W. Weddigen aus Wuppertal-Barmen (1885–1971) zusammengetragen. Neben den „Republiken“ enthält sie ausgewählte Stücke der übrigen Elzevier-Produktion, hauptsächlich aus der „Klassiker-Reihe“ (Boccaccio, Vergil), sowie die wichtigsten Referenzwerke, Bibliographien, Kataloge und einige Stücke, die den Sammler und seine Sammlung betreffen. Die vollständige Kollektion wird zum Preis von 145.000 € geschlossen angeboten. Dazu erscheint ein Sammlungskatalog, vom Heinrich Heine Antiquariat in der bekannten ausführlichen und reich illustrierten Form herausgegeben.
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23.01.2015 - 25.01.2015Messe »
Öffnungszeiten
Freitag, 23. Januar: 11 Uhr bis 19.30 Uhr
Samstag und Sonntag, 23. und 25. Januar: 11 Uhr bis 18 Uhr