Düsseldorfer Photoschule
Fotografien werden Bilder: Die Becher-Klasse
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Ausstellung27.04.2017 - 13.08.2017
Eine Ausstellung, die sich einem derart komplexen Phänomen einerseits und einer überaus fruchtbaren Lehrtätigkeit andererseits widmet, muss sich zwangsläufig beschränken. „Fotografien werden Bilder“ konzentriert sich bewusst auf die Studentinnen und Studenten der frühen Jahre der Becher-Klasse, die 1976 mit Höfer, Döhne, Hütte und Struth beginnen und mit dem Abschluss des Studiums von Gursky und Sasse, 1987/1988 enden. Gerade die deutlich zutage tretende Heterogenität der ersten Becher-Klasse mit ihren vielfältigen Ansätzen, die sich auf unseren heutigen Bildbegriff ausgewirkt haben, verdeutlicht im Rückblick, wie erfolgreich die Lehre Bernd und Hilla Bechers war. Candida Höfer (*1944) ist vor allem durch ihre Aufnahmen von öffentlichen Innenräumen wie Bibliotheken, Universitäten, Museen oder Wartesälen bekannt. Wie bei ihren Lehrern ist das rein Dokumentarische letztlich nachrangig. Insbesondere mit ihrer Hinwendung zur Farbfotografie begann sie, ikonisch klare und in ihrer Strenge höchst beeindruckende Aufnahmen inhaltlich aufgeladener Innenräume anzufertigen. Die formale Inszenierung der Interieurs erinnert in Komposition, Wiederholung und Rhythmus sowie in der Betonung ihrer Skulpturalität an die Typologien der Bechers. Eine deutliche Nähe zu diesen ist ebenfalls bei den frühen Straßenbildern von Thomas Struth (*1954), etwa West Broadway, Tribeca, New York (1978) oder Sommerstrasse, Düsseldorf (1980), erkennbar. Seine Vorgehensweise erinnert an die seiner Lehrer, jedoch hat er seinen Motivkanon erweitert. In seinem Werk beschäftigt er sich mit kulturellen Strukturen, bildet neben Straßen auch Museen oder religiöse Kultstätten ab und porträtiert Familien. Er macht Ordnungen und Verhältnisse anhand sozialer wie ethnologischer Spuren sichtbar und gelangt so zu einer weltumfassenden Erkundung des Menschen und seiner Lebenswelt im Bild.
Die schwarz-weißen Bildreihen von Petra Wunderlich (*1954) bilden Kirchen oder Steinbrüche ausschnitthaft ab. Diese überführt sie in ein neues, abstrahiertes Kompositionsgefüge. So lassen sich Architekturen visuell auf ihre stereometrische Tektonik zurückführen und in der „aufgebrochenen“ Natur scheinen unvermittelt Grundformen des Architektonischen auf. Wunderlichs Fotografien können, wie jene der Bechers, als soziologische und historische Zeugnisse gelesen werden.
Die Werkgruppen Volker Döhnes (*1953) stehen konzeptuell wie motivisch den Typologien Bernd und Hilla Bechers sehr nahe: Er entwickelte Serien wie Kleineisenindustrie (1977/78) oder Kleine Eisenbahnbrücken und Unterführungen im Bergischen und Märkischen Land (1979). Mit seiner Reihe Bunt (1979) experimentierte Döhne dem Titel entsprechend mit Farbe und emanzipierte sich von seinen Lehrern. Tata Ronkholz’ (1940–1997) fotografisches Hauptinteresse galt Fabriktoren, Schaufenstern oder Trinkhallen und Imbissen, die sie stets bildmittig und bei gleichmäßigem Tageslicht aufnahm. Die konsequente Ausführung der Fotografien in Schwarz-Weiß, die gleichbleibende Größe der Abzüge, aber auch das serielle, typologisch vergleichende Vorgehen erinnern stark an die Bilder der Bechers.
In besonderer Weise und in immer wieder neuen Formulierungen ist auch Thomas Ruff (*1958) der seriellen Methodik seiner Lehrer verpflichtet. Seine Porträtaufnahmen sowie die zum Teil aus gefundenem Material entstandenen und stark vergrößerten Nachtaufnahmen verdeutlichen seine grundlegend skeptische Haltung gegenüber dem Wahrheits- und Dokumentationsanspruch von Fotografie. Sein konsequentes Befragen neuer Bildquellen und Technologien veranschaulichen vielleicht am eindrücklichsten die Art und Weise, wie Ruff den Ansatz von Bernd und Hilla Becher weiterführt. Axel Hüttes (*1951) frühe Architekturausschnitte befragen soziale Situationen mittels einer von Distanz und Anonymität bestimmten fotografischen Bildgestaltung. Er widmet sich dabei zersiedelten Landschaften ebenso wie vermeintlich unberührter Natur, die jedoch immer durch menschliche Eingriffe geformt worden ist. Auffällig bei Hütte ist sein starker Bezug zur historischen Landschaftsmalerei, deren formale Konstruktionsprinzipien er zugleich kopiert und dekonstruiert. Während die Bechers ihr Augenmerk auf das skulpturale oder konzeptuelle Potenzial ihrer Bilder lenkten, nimmt Axel Hütte die Malerei als Leitmedium der Moderne in den Blick.
Jörg Sasse (*1962) widmete sich in seinem Frühwerk hochartifiziellen und zugleich prosaischen Arrangements kleinbürgerlicher Wohnkultur. Die reduzierte Strenge dieser frühen Werke verkehrt sich in seinen späteren „Tableaus“ in ihr Gegenteil. Gefundene wie eigene Bildvorlagen werden aufwendig digital wie analog von ihm bearbeitet und lassen die Grenzen von Malerei und Fotografie bis zur Unkenntlichkeit verschwimmen. Auch Andreas Gurskys (*1955) frühe Fotografien sind vom unvermittelten Interesse an der alltäglichen Umgebung geprägt – im privaten wie im öffentlichen Raum, im Arbeits- wie im Freizeitkontext. Ähnlich wie Sasse setzt er sich mit der ästhetischen Grenze von fotografischer und malerischer Bildgebung auseinander. Durch digitale Manipulation, mit der er das Bildmotiv bis zur Abstraktion dupliziert und montiert, entstehen irritierende Bildarchitekturen, sodass Konstruktion und Wirklichkeit auf großformatigen Farbabzügen verschmelzen.
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