• Menü
    Stay
Schnellsuche

Düsseldorfer Photoschule

Fotografien werden Bilder: Die Becher-Klasse

Düsseldorfer Photoschule

Eine Ausstellung, die sich einem derart komplexen Phänomen einerseits und einer überaus fruchtbaren Lehrtätigkeit andererseits widmet, muss sich zwangsläufig beschränken. „Fotografien werden Bilder“ konzentriert sich bewusst auf die Studentinnen und Studenten der frühen Jahre der Becher-Klasse, die 1976 mit Höfer, Döhne, Hütte und Struth beginnen und mit dem Abschluss des Studiums von Gursky und Sasse, 1987/1988 enden. Gerade die deutlich zutage tretende Heterogenität der ersten Becher-Klasse mit ihren vielfältigen Ansätzen, die sich auf unseren heutigen Bildbegriff ausgewirkt haben, verdeutlicht im Rückblick, wie erfolgreich die Lehre Bernd und Hilla Bechers war. Candida Höfer (*1944) ist vor allem durch ihre Aufnahmen von öffentlichen Innenräumen wie Bibliotheken, Universitäten, Museen oder Wartesälen bekannt. Wie bei ihren Lehrern ist das rein Dokumentarische letztlich nachrangig. Insbesondere mit ihrer Hinwendung zur Farbfotografie begann sie, ikonisch klare und in ihrer Strenge höchst beeindruckende Aufnahmen inhaltlich aufgeladener Innenräume anzufertigen. Die formale Inszenierung der Interieurs erinnert in Komposition, Wiederholung und Rhythmus sowie in der Betonung ihrer Skulpturalität an die Typologien der Bechers. Eine deutliche Nähe zu diesen ist ebenfalls bei den frühen Straßenbildern von Thomas Struth (*1954), etwa West Broadway, Tribeca, New York (1978) oder Sommerstrasse, Düsseldorf (1980), erkennbar. Seine Vorgehensweise erinnert an die seiner Lehrer, jedoch hat er seinen Motivkanon erweitert. In seinem Werk beschäftigt er sich mit kulturellen Strukturen, bildet neben Straßen auch Museen oder religiöse Kultstätten ab und porträtiert Familien. Er macht Ordnungen und Verhältnisse anhand sozialer wie ethnologischer Spuren sichtbar und gelangt so zu einer weltumfassenden Erkundung des Menschen und seiner Lebenswelt im Bild.

Die schwarz-weißen Bildreihen von Petra Wunderlich (*1954) bilden Kirchen oder Steinbrüche ausschnitthaft ab. Diese überführt sie in ein neues, abstrahiertes Kompositionsgefüge. So lassen sich Architekturen visuell auf ihre stereometrische Tektonik zurückführen und in der „aufgebrochenen“ Natur scheinen unvermittelt Grundformen des Architektonischen auf. Wunderlichs Fotografien können, wie jene der Bechers, als soziologische und historische Zeugnisse gelesen werden.

Die Werkgruppen Volker Döhnes (*1953) stehen konzeptuell wie motivisch den Typologien Bernd und Hilla Bechers sehr nahe: Er entwickelte Serien wie Kleineisenindustrie (1977/78) oder Kleine Eisenbahnbrücken und Unterführungen im Bergischen und Märkischen Land (1979). Mit seiner Reihe Bunt (1979) experimentierte Döhne dem Titel entsprechend mit Farbe und emanzipierte sich von seinen Lehrern. Tata Ronkholz’ (1940–1997) fotografisches Hauptinteresse galt Fabriktoren, Schaufenstern oder Trinkhallen und Imbissen, die sie stets bildmittig und bei gleichmäßigem Tageslicht aufnahm. Die konsequente Ausführung der Fotografien in Schwarz-Weiß, die gleichbleibende Größe der Abzüge, aber auch das serielle, typologisch vergleichende Vorgehen erinnern stark an die Bilder der Bechers.

In besonderer Weise und in immer wieder neuen Formulierungen ist auch Thomas Ruff (*1958) der seriellen Methodik seiner Lehrer verpflichtet. Seine Porträtaufnahmen sowie die zum Teil aus gefundenem Material entstandenen und stark vergrößerten Nachtaufnahmen verdeutlichen seine grundlegend skeptische Haltung gegenüber dem Wahrheits- und Dokumentationsanspruch von Fotografie. Sein konsequentes Befragen neuer Bildquellen und Technologien veranschaulichen vielleicht am eindrücklichsten die Art und Weise, wie Ruff den Ansatz von Bernd und Hilla Becher weiterführt. Axel Hüttes (*1951) frühe Architekturausschnitte befragen soziale Situationen mittels einer von Distanz und Anonymität bestimmten fotografischen Bildgestaltung. Er widmet sich dabei zersiedelten Landschaften ebenso wie vermeintlich unberührter Natur, die jedoch immer durch menschliche Eingriffe geformt worden ist. Auffällig bei Hütte ist sein starker Bezug zur historischen Landschaftsmalerei, deren formale Konstruktionsprinzipien er zugleich kopiert und dekonstruiert. Während die Bechers ihr Augenmerk auf das skulpturale oder konzeptuelle Potenzial ihrer Bilder lenkten, nimmt Axel Hütte die Malerei als Leitmedium der Moderne in den Blick.

Jörg Sasse (*1962) widmete sich in seinem Frühwerk hochartifiziellen und zugleich prosaischen Arrangements kleinbürgerlicher Wohnkultur. Die reduzierte Strenge dieser frühen Werke verkehrt sich in seinen späteren „Tableaus“ in ihr Gegenteil. Gefundene wie eigene Bildvorlagen werden aufwendig digital wie analog von ihm bearbeitet und lassen die Grenzen von Malerei und Fotografie bis zur Unkenntlichkeit verschwimmen. Auch Andreas Gurskys (*1955) frühe Fotografien sind vom unvermittelten Interesse an der alltäglichen Umgebung geprägt – im privaten wie im öffentlichen Raum, im Arbeits- wie im Freizeitkontext. Ähnlich wie Sasse setzt er sich mit der ästhetischen Grenze von fotografischer und malerischer Bildgebung auseinander. Durch digitale Manipulation, mit der er das Bildmotiv bis zur Abstraktion dupliziert und montiert, entstehen irritierende Bildarchitekturen, sodass Konstruktion und Wirklichkeit auf großformatigen Farbabzügen verschmelzen.






  • 27.04.2017 - 13.08.2017
    Ausstellung »
    Städel Museum »

    Öffnungszeiten: Di, Mi, Sa, So + Feiertage 10.00–18.00 Uhr, Do + Fr 10.00–21.00 Uhr, montags geschlossen

     

    ERWACHSENE 14 € 



Neue Kunst Ausstellungen
Trace Formations of
Diese große Übersichtsausstellung ist in Kooperation mit The...
Sincerely, Walter
Walter Pfeiffer (*1946) sucht mit der fotografischen Linse...
Hamid Zénati All-Over
„Hamid Zénati: All-Over“ ist die erste...
Meistgelesen in Ausstellungen
Vienna Design Week 2018
Mit einem fulminanten Auftakt ist die VIENNA DESIGN WEEK am...
300 Jahre Freimaurer: Das
1717 wird der Überlieferung nach die Großloge von England...
Privat
DIE SCHIRN BELEUCHTET IM RAHMEN EINER UMFANGREICHEN...
  • Thomas Ruff (*1958) Porträt (G. Benzenberg), 1985 Chromogener Farbabzug, 41 x 33 cm Leihgabe des Künstlers © Thomas Ruff; VG Bild-Kunst, Bonn 2017
    Thomas Ruff (*1958) Porträt (G. Benzenberg), 1985 Chromogener Farbabzug, 41 x 33 cm Leihgabe des Künstlers © Thomas Ruff; VG Bild-Kunst, Bonn 2017
    Städel Museum
  • Jörg Sasse (*1962) 7341, 1996 Chromogener Farbabzug, 93 x 150 cm DZ BANK Kunstsammlung im Städel Museum © Jörg Sasse; VG Bild-Kunst, Bonn 2017
    Jörg Sasse (*1962) 7341, 1996 Chromogener Farbabzug, 93 x 150 cm DZ BANK Kunstsammlung im Städel Museum © Jörg Sasse; VG Bild-Kunst, Bonn 2017
    Städel Museum
  • Andreas Gursky (*1955) Paris, Montparnasse, 1993 (vor 2003) Chromogener Farbabzug, 207 x 422 cm Leihgabe des Künstlers / Courtesy Sprüth Magers © Andreas Gursky / VG Bild-Kunst, Bonn 2017 / Courtesy Sprüth Magers Berlin London Die Nutzung der Fotos im Internet ist nur für einen Zeitraum von einem Jahr zulässig, dabei dürfen die einzelnen Bilddateien eine Auflösung von einer maximalen Höhe bzw. Breite von 1600 Pixel nicht überschreiten.
    Andreas Gursky (*1955) Paris, Montparnasse, 1993 (vor 2003) Chromogener Farbabzug, 207 x 422 cm Leihgabe des Künstlers / Courtesy Sprüth Magers © Andreas Gursky / VG Bild-Kunst, Bonn 2017 / Courtesy Sprüth Magers Berlin London Die Nutzung der Fotos im Internet ist nur für einen Zeitraum von einem Jahr zulässig, dabei dürfen die einzelnen Bilddateien eine Auflösung von einer maximalen Höhe bzw. Breite von 1600 Pixel nicht überschreiten.
    Städel Museum
  • Candida Höfer (*1944) Bibliothèque Nationale de France Paris XIII 1998, 1998 Chromogener Farbabzug, 155 x 215 cm Art Collection Deutsche Börse Deutsche Börse Photography Foundation © Candida Höfer, Köln; VG Bild-Kunst, Bonn 2017
    Candida Höfer (*1944) Bibliothèque Nationale de France Paris XIII 1998, 1998 Chromogener Farbabzug, 155 x 215 cm Art Collection Deutsche Börse Deutsche Börse Photography Foundation © Candida Höfer, Köln; VG Bild-Kunst, Bonn 2017
    Städel Museum
  • Bernd (1931–2007) und Hilla Becher (1934–2015) Fachwerkhäuser, 1959-61 / 1974 Silbergelatine-Abzug auf Barytpapier, 152,4 x 112,5 cm Sammlung Deutsche Bank © Estate Bernd & Hilla Becher
    Bernd (1931–2007) und Hilla Becher (1934–2015) Fachwerkhäuser, 1959-61 / 1974 Silbergelatine-Abzug auf Barytpapier, 152,4 x 112,5 cm Sammlung Deutsche Bank © Estate Bernd & Hilla Becher
    Städel Museum
  • Bernd (1931–2007) und Hilla Becher (1934–2015) Gutehoffnungshütte, Oberhausen, Ruhrgebiet, 1963 Silbergelatine-Abzug auf Barytpapier, 75,3 x 91,4 cm Art Collection Deutsche Börse Deutsche Börse Photography Foundation © Estate Bernd & Hilla Becher
    Bernd (1931–2007) und Hilla Becher (1934–2015) Gutehoffnungshütte, Oberhausen, Ruhrgebiet, 1963 Silbergelatine-Abzug auf Barytpapier, 75,3 x 91,4 cm Art Collection Deutsche Börse Deutsche Börse Photography Foundation © Estate Bernd & Hilla Becher
    Städel Museum
  • Axel Hütte (*1951) Moedling House, 1982–1984 Silbergelatine-Abzug auf Barytpapier, 66 x 80 cm Leihgabe des Künstlers © Axel Hütte
    Axel Hütte (*1951) Moedling House, 1982–1984 Silbergelatine-Abzug auf Barytpapier, 66 x 80 cm Leihgabe des Künstlers © Axel Hütte
    Städel Museum