Dieter Roth So
Dieter Roth Souvenirs
-
Ausstellung14.11.2009 - 17.01.2010
Tagung der Dieter Roth Akademie 14. und 15. 11.2009 Vorträge, Lesungen, Filme und Gesprächsrunden mit Kunstwissenschaftlern und ehemaligen Mitarbeitern des Künstlers in Kooperation mit Kunstmuseum Stuttgart
Anlässlich der Tagung der Dieter Roth Akademie in Stuttgart im November zeigen die Staatsgalerie und das Kunstmuseum Stuttgart Arbeiten, die der Künstler an seine Freunde verschenkte. »Souvenirs« ist die Präsentation solcher bislang unpublizierter Geschenke benannt, die ab 14. November in der Staatsgalerie und ab Oktober im Kunstmuseum zu sehen ist, und dort jeweils in Dialog mit den eigenen Beständen tritt.
Seit 1963 arbeitete Dieter Roth mit Stuttgarter Verlegern, Druckern und Sammlern zusammen; von 1972 bis 1983 hatte er ein Atelier in dieser Stadt, in der er auch mehrfach ausstellte. Umfangreiche Werkkomplexe befinden sich in der Staatsgalerie und im Kunstmuseum Stuttgart – Grund genug, für die in der Dieter Roth Akademie zusammengeschlossenen ehemaligen Weggefährten des Künstlers, ihr diesjähriges Treffen in Stuttgart abzuhalten. Der Multimediakünstler Dieter Roth (1930 – 1998), der zeitlebens den Austausch mit anderen Künstlern suchte, zielte darauf ab, die Kunst ins Leben hineinzuholen, sie nicht in Distanz zum Betrachter zu halten. So kultivierte er das freizügige Verschenken seiner Arbeiten an geschätzte Freunde.
Zahlreiche Freunde von Dieter Roth sind mit ihren Souvenirs vertreten: Der Künstler Richard Hamilton, der Bestseller-Autor Martin Suter, die Drucker Hansjörg Mayer und Rainer Pretzell, der große Hamburger Roth-Sammler Philip Buse oder der Bildhauer Bernhard Luginbühl. Suters Gabe ist der Anfang eines gemeinsam geplanten Theaterstücks und ein Hochzeitsgeschenk, Richard Hamiltons Souvenir ein übermaltes Küchentuch und ein Joghurt-Umschlag. Der Schweizer Bildhauer Luginbühl sandte eine skulpturale Assemblage, die von Dieter Roth überarbeitet wurde.
Andere Geschenke an Mitarbeiter der Staatsgalerie belegen auch die ehemals enge Beziehung des Künstlers zum Haus. Ein großes Konvolut an Werken hat Gertrud Otterbeck, ehemalige Chefrestauratorin der Staatsgalerie, zur Ausstellung beigetragen. Sie ist ganz wesentlich an der Umsetzung der Präsentation »Souvenirs« beteiligt. Zu den ausgestellten Werken zählt u.a. eine Musiktruhe aus den 1970er Jahren, die Roth zusammen mit dem damaligen und heutigen Magazinverwalter Reinhard Mümmler ausgesucht hat, da ihm die Eröffnung seiner Ausstellung „Bücher und Graphik“ (Staatsgalerie Stuttgart, 1979) ausschliesslich mit Reden zu eintönig vorkam. Ein Souvenir ist auch das große Schild gleich am Eingang der Präsentation: Dieter Rotsky ist darauf zu lesen. Roth hatte das Schild der letzten Klee-Kandinsky-Ausstellung übermalt; die benutzten Farbtöpfe sind nun Teil des Werks.
Die Souvenirs zeigen, mit welcher Großzügigkeit, mit welchem Witz und Charme dieser Künstler Viele an seiner Kunst teilhaben ließ. Er war überzeugt, dass nur solche Kunst etwas taugt, die buchstäblich mitten im Leben steht (oder hängt oder liegt) und nicht im Museum weggeschlossen wird. Die Staatsgalerie möchte die Funktonsweise dieses Netzwerkes anschaulich machen: Die Geschenke an einen Leihgeber sind zusammen ausgestellt. Statt eines Kommentars des Museums sind die Freunde gebeten worden, ihre Geschichte mit Dieter Roth aufzuschreiben.
Dieter Roth und Stuttgart Dieter Roth, geboren 1930 in Hannover als Sohn einer Deutschen und eines Schweizers, gestorben 1998 in Basel, gründete Anfang der 1960er Jahre mit dem jungen Stuttgarter Drucker Hansjörg Mayer einen Verlag, der bis Ende der 1970er Jahre fast alle Bücher des Künstlers herstellte. In Stuttgart arbeitet Dieter Roth bald eng mit den Druckern Luitpold Domberger, Hans-Peter Haas (Druck der berühmten Picadilly-Mappe), Eberhard Schreiber und Frank Kicherer zusammen. Im Jahr 1963 nahm der Zahnarzt Hanns Sohm mit Roth Kontakt auf, und es begann eine langjährige Kooperation und Sammeltätigkeit. Im Jahr 1981 wurde das umfangreiche Intermedia-Archiv von Hanns Sohm in die Staatsgalerie integriert. Schon 1979 waren Graphiken und Bücher von Dieter Roth in der Staatsgalerie ausgestellt worden, 1988 folgte eine große Ausstellung mit Zeichnungen, 2000 die erste große Ausstellung nach dem Tod des Künstlers.
1998 war Dieter Roth, schwer herzkrank, nochmals nach Stuttgart gekommen, um an der 1978 begonnenen Installation einer „Bar“ zu arbeiten. Neben neuen Farbtöpfen, organischen und anorganischen Abfällen, Ordnern mit Arbeitsprotokollen kam nun auch ein Videorekorder hinzu, der sowohl Roth bei der Arbeit aufnahm als auch nach deren Beendigung die Barbesucher dokumentieren sollte. Ein Werk, das ihn überleben würde.
Die Ausstellung Souvenirs präsentiert zahlreiche Arbeiten Roths, die eine Schnittstelle in seinem Schaffen beleuchten. Viele sind in den 1970er und 1980er Jahren entstanden und sind ausgesprochen autobiographisch angelegt. Es finden sich wunderbar gestaltete Briefe und Postkarten, ein- und zweihändige Schnellzeichnungen (auch speedy drawings genannt), bildhafte Assemblagen, eine Telefonzeichnung, Gemeinschaftsarbeiten sowie zahlreiche Dokumente aus Roths Stuttgarter Zeit. Ergänzt wird die Ausstellung mit vorwiegend frühen Arbeiten aus der eigenen Sammlung.
Die Dieter Roth Akademie plant eine Dokumentation von Ausstellung und Tagung, die zum Ende der Präsentation erscheinen soll.