Take Care Kunst Medizin
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Ausstellung08.04.2022 - 17.07.2022
ZUKUNFTSDRANG UND INNOVATION
Im 19. Jahrhundert überschlugen sich die Ereignisse nicht allein in den Bereichen der Industrie, Mobilität und Kommunikation, auch die Medizin setzte Meilensteine in der Antisepsis, der Anästhesie und damit einhergehend in der Chirurgie, der Epidemiologie und der Diagnostik. Im Verlauf technischer Entwicklungen begannen sich Künstlerinnen und Künstler immer mehr für die technisch induzierten bildgebenden Verfahren der Medizin zu interessieren: Als ikonisches Ausgangsbild für dieses Interesse stehen die Schädelröntgenbilder von Claire und Yvan Goll (1927), oder auch Joseph Beuys’ EKG in «Notfalls leben wir auch ohne Herz»(1964). Aufgrund von verbesserten hygienischen Bedingungen, einem ausgewogeneren Verhältnis von Arbeit und Freizeit, aber auch dank Forschungs-vorstössen in der Pharmabranche und einem breiteren Zugang zu Medikamenten ist die Lebenserwartung von 64 Jahren für Männer und 68 für Frauen im Jahr 1949 auf 76 und 81 im Jahr 2002 gestiegen. Damien Hirst hat sich bei seinen Medikamentenverpackungs-Displays und «Spot Paintings» eingehend mit der Nomenklatur lebensverbessernder und -erhaltender Faktoren und besonders mit deren Warencharakter auseinandergesetzt. Titel wie «3-Hy droxy-4-Methoxyphenethylamine»stammen aus dem Produktekatalog «Biochemicals for Research and Diagnostic Reagents». Medizinische Technologie ersetzt christliche Theologie, die Gnosis wird Diagnosis. Kein Werk versinnbildlicht dieses Symbol der «Halbgötter in Weiss» anschaulicher als Duane Hansons täuschend echt erscheinendes Abbild eines Arztes bei einer Sprechstunde.
KRANKHEIT ALS KREATIVITÄTSFAKTOR
In jüngerer Zeit bedienen sich Kunstschaffende der Medizin als integrales Gestaltungselement, sozusagen als physiologischem «Pinsel der Empfindung». Am spektakulärsten ist die «Medizin als Pinsel» gewiss im Zusammenspiel mit den Bereichen der plastischen Chirurgie. Künstlerinnen machen ihren Körper zum eigentlichen Kunstwerk bzw. nehmen an ihm bewusste Veränderungen vor, die nur durch medizinische Eingriffe möglich sind. Ferner thematisieren und hinterfragen Künstlerinnen und Künstler wie Panteha Abareshi, Sabian Baumann, Martin Kippenberger, MANON und Veronika Spierenburg zum einen den Klinikalltag aus Perspektive von sogenannt «Betroffenen», zum anderen hinsichtlich des Gesellschaftsdruckes eines «normalen» bzw. idealen Körperbildes. In MANONS «Selbstporträt in Gold»(2014) oder Sabian Baumanns «4bein»(2011) wird dieser Diskriminierung eine positive, auch mit Humor besetzte Geste der Selbstermächtigung entgegengesetzt.
FORTSCHRITT STELLT ETHISCHE FR AGEN
Besonders ethische Fragen sind ins Zentrum der medialen Aufmerksamkeit gerückt, wie der weltweite Aufschrei rund um die durch den Biophysiker He Jiankui missbrauchte Crispr-Cas9-Methode (Genschere) zeigt. Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna, die von der in dieser Ausstellung vertretenen Fotografin Herlinde Koelbl porträtiert worden sind, haben für Crispr-Cas9 2020 den Nobelpreis für Chemie erhalten. Skulpturen naturgrosser Körper von Marc Quinn nahestehenden Personen, wie z.B. seinem eigenen Kind, sind aus denjenigen Medikamenten geformt, die eben diese Dargestellten täglich ein-nehmen müssen. Mit dem Titel «Chemical Life Support» werfen sie Grundsatz-fragen über lebenserhaltende Massnahmen auf. Eigens für diese Ausstellung produzierte Arbeiten stammen von Stefan Burger, Veronika Spierenburg und RELAX chiarenza & hauser & co. Die Künstlerinnen und Künstler dieser Ausstellung nehmen uns auf eine Erkundungsreise von Leiblichkeit, Krankheit, Schmerz und Heilung mit. Oder um es in den Worten der teilnehmenden, selbst von Krankheit betroffenen Tänzerin Anna Halprin zu sagen: «The body is living art. Your movement through time and space is art. A painter has brushes. You have your body.» KATALOGZur Ausstellung erscheint ein Katalog mit neuen Beiträgen von Vincent Barras, Christoph Becker, Flurin Condrau, Georges Didi-Huberman, Cathérine Hug, Adina Kamien, Bonaventure Soh Bejeng Ndikung, Muriel Pic, Linda S ch ä d l er, Agnès Virolle und Nicola von Lutterotti. Erscheint beim Wienand Verlag ( Kö l n), ISBN 978-3-86 832-7 04-5.
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08.04.2022 - 17.07.2022
ALLGEMEINE INFORMATIONENKunsthaus Zürich, Heimplatz, CH–8001 ZürichTel. +41 (0)44 253 84 84, www.kunsthaus.chFr–So/Di 10–18 Uhr, Mi/Do 10–20 Uhr. Feiertage: siehe www.kunsthaus.ch. Eintritt ab: CHF 23.–/18.– reduziert und Gruppen inklusive Sammlung.Bis 16 Jahre Eintritt frei. Änderungen vorbehalten.Ticket-Vorverkauf: www.kunsthaus.ch Zürich Tourismus. Tourist Information im Hauptbahnhof, Tel. +41 44 215 40 00, info@zuerich.com, www.zuerich.com.