Zeitgenössische Kunst
Poetiken des Materials
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Ausstellung21.10.2016 - 30.01.2017
„Woran erkenne ich eine Skulptur?“ ... Woran erkenne ich ein Gedicht? ... daran ließe sich vielleicht ein Gedicht erkennen: an der Poetik, besser Schreibweise (auch Haltung), also der Art und Weise, wie es entsteht, (im Tun) entstand.“ Misha Stroj/Michael Hammerschmid, aus dem Katalog zur Ausstellung
Referenzen zu Kunstwerken der Sammlung des Leopold Museum nehmen auch in Christian Kosmas Mayers Videoarbeit Gedächtnispalast – die gemeinsam mit einem Teil der Installation Schönheit Is a Verb von Stroj und Hammerschmid den Auftakt der Ausstel- lung bildet – eine wichtige Rolle ein. In dem Video inszeniert Mayer das Leopold Museum als Gedächtnispalast. Dieser Begriff bezeichnet eine mnemotechnische Methode, welche im Fall von Mayers Arbeit dazu dient, sich die Reihenfolge eines 52-teiligen Kartenspieles einzuprägen. Hierzu wurden die einzelnen Karten in Bildvertreter umgewandelt und in Dialog zu Werken der Sammlung – selbst Zeugen „bewahrter Geschichte“ – gesetzt. Diese subtilen Verschiebungen und Durchdringungen von Geschichten und Funktionen konkreter Orte und Objekte prägen auch die weiteren Arbeiten seiner Installation für das Leopold Museum.
„Ich mag es, Dinge falsch zu lesen. In diesen scheinbar sinnlosen Momenten der Fehldeutung offenbart sich manchmal eine wunderbare Poesie. [...] Wer sie ausfindig machen will, muss Dinge von mehreren Seiten gleichzeitig betrachten.“ Christian Kosmas Mayer, aus dem Katalog zur Ausstellung
Das Verhältnis des Menschen zu der ihn umgebenden materiellen Umwelt steht hinge- gen im Mittelpunkt der Werke von Anne Schneider. Mit entsprechend sozial konnotierten Materialien richtet sie ihr Augenmerk auf die durchlässige Grenze zwischen psychischem und physischem Raum. Dem Spiel mit der Opposition von Innen und Außen kommt dem entsprechend in ihren Skulpturen aus Beton, die als Negative textiler Gussformen Gestalt gewinnen, ein hoher Stellenwert zu. Dem Denken in Gegensatzpaaren, wie es die binäre sprachliche Logik und die konventionelle Wahrnehmungsweise der Realität bestimmt, setzt die Künstlerin mit ihrer Arbeit ein vielschichtiges Netzwerk von Beziehungsgeflechten und Zustandsbeschreibungen entgegen.
„Anne Schneiders Annäherung an ihr Material ist eine Begegnung auf Augenhöhe, kein Kräftemessen. Sie macht es sich zu eigen, indem sie seinen Einsatz in Bezug auf ihre spezifische Weltwahrnehmung hin umformuliert [...]. Das Bewusstsein für den herkömmlichen kulturellen Gebrauch und die sozialen Konnotationen des Materials bleiben dabei dennoch erhalten.“ Anette Freudenberger, aus dem Katalog zur Ausstellung
Sonia Leimer hingegen greift auf Folien, die für die Weltraumfahrt entwickelt wurden ebenso zurück, wie auf Asphalt und andere Fragmente des städtischen Raumes. Diese überführt Leimer in abstrakte Skulpturen und Installationen, die als „Platzhalter“ für die mit den Materialien assoziierbaren kulturellen Bedeutungshorizonten fungieren. Im Zen- trum ihres Beitrages für die Ausstellung steht die Skulptur der Werkgruppe Eroberung des Nutzlosen, welche auf eine historische Versuchsanordnung referiert und von der Künstlerin performativ gedacht wird. Performanz bezeichnet in Leimers Werk den Modus des ver- fremdenden Zitates und bezieht sich auf die für ihr Werk bezeichnende Strategie, kulturell konnotierte Materialien, Gegenstände und historische Bildformen auf die „Bühne“ ihres Werkes zu stellen, um diese zum Ausgangspunkt einer neuen, persönlichen Geschichts- schreibung zu machen.
Als Bühne ist Mathias Pöschls Installation o. t. (abandoned stage set for a black mass) konzi- piert, mit welcher er mit Bezug auf die kulturellen Parallelphänomene der Minimal Art und der „Black Aesthetic“ in den USA der 1960er-Jahre, den Begriff der Theatralität umkreist. Der Titel der einer minimalistischen Ästhetik verpflichteten Installation deutet an, dass es sich um jene Bühne handelt, auf der Amiri Barakas Einakter A Black Mass (1966) aufge- führt werden soll. Doch wird das Stück des einflussreichen Vertreters der „Black Aesthetic“ nur insofern auf die Bühne gestellt, als es eine jener Quellen politischer und ästhetischer Vorstellungen und Theorien ist, denen der Künstler im komplexen Nebeneinander der unterschiedlich konnotierten alltäglichen Gegenstände, Materialien und Medien Ausdruck verleiht.
„Mathias Pöschl verbindet mit unterschiedlichsten Medien polare Standpunkte wie Form und Inhalt, Narration und minimalistische Selbstreferenzialität oder kulturhistorische Dokumentation und Abstraktion zu szenografischen Ensembles. [...] Offensichtlich geht es dem Künstler nicht um die Illustration von Wissen, sondern um die Gegensätze und Ambivalenzen, welche die Geschichte in sich birgt.“ Cornelia Offergeld, aus dem Katalog zur Ausstellung
Bei allen in der Ausstellung Poetiken des Materials versammelten Werken handelt es sich dementsprechend um Kunst, die, so die Medien- und Literaturwissenschaftlerin Christiane Heibach, „das Materielle und dingorientierte Aspekte in der Beschreibung von Kultur und Gesellschaft zwar in den Vordergrund rückt, ihre immateriellen Ordnungs- und Spiegel- funktionen aber nicht leugnet und Dinge als Akteure von Netzwerken kultureller Prozesse versteht“.
Kuratorin: Stephanie Damianitsch
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21.10.2016 - 30.01.2017
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